Essen. Immer weniger junge Männer müssen – oder dürfen – zur Bundeswehr. Die Zentralstelle für Kriegsdienstverweigerer hat aktuelle Zahlen veröffentlicht, aus denen hervorgeht, dass 2008 fast die Hälfte aller Kandidaten ausgemustert wurde. Zum Vergleich: Im Jahr 2003 lag die Quote bei 15 Prozent.

„Die politisch vorgegebene und wohl gewollte Willkür der Ausmusterungen ist 2008 noch größer geworden”, kritisiert der Vorsitzende der Zentralstelle KDV, Werner Glenewinkel. Die Zahl der abgeschlossenen Musterungen sei von 451 000 (2007) auf 456 000 (2008) gestiegen. Gleichzeitig sei die Zahl der als tauglich Gemusterten gesunken: von 248 000 (2007) auf 243 000 (2008).

Insgesamt wurden laut Zentralstelle KDV aber nur 67 664 Wehrpflichtige zur Bundeswehr einberufen. „Den Rest musste man los werden, weil die Bundeswehr nicht mehr als gut 60 000 Rekruten benötigt”, analysiert Glenewinkel. Das Auswahlverfahren sei im höchsten Maße ungerecht und deshalb nicht mehr verfassungsgemäß, bemängelt Glenewinkel. Die Verteidigungslasten müssten auf alle Männer gleichmäßig verteilt werden und nicht auf eine willkürliche Gruppe. Seine Konsequenz: die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht.

"Die Guten bleiben als Zeitsoldaten bei uns”

Das sieht der Bundeswehrverband anders: „Eine vollständige Wehrgerechtigkeit hat es sowieso nie gegeben. Es gab sogar Zeiten, in denen auf Grund des großen Überangebotes an 18-Jährigen das Los entschied”, sagt Pressesprecher Wilfried Stolze.

Die Wehrpflicht solle trotzdem beibehalten werden. Stolze: „Sie ist ein guter Einstieg. Die Guten bleiben als Zeitsoldaten bei uns.” Außerdem bekämen die Streitkräfte auf diese Weise Nachwuchs aus dem gesamten Spektrum der Gesellschaft und blieben mit ihr verwoben.

Glenewinkel geht dagegen davon aus, dass die Tage der Wehrpflicht gezählt sind: „Dem Bundesverfassungsgericht liegt dazu eine Anfrage des Verwaltungsgerichts Köln vor. Das ist politisch höchst brisant und wird deshalb wohl nicht mehr vor den Bundestagswahlen entschieden.”