Alles aufwärts der Mittelklasse glänzt auf dem Sonntag endenden Genfer Auto-Salon mit Abwesenheit. Minis sind zumindest im Moment die großen Stars. Nur: Nach dem Kindchenschema dürfen sie nicht mehr gestaltet sein.

"The Future of The Car Is Small" titelte das große US-Nachrichtenmagazin "Newsweek" im Februar. Was sich an den Exponaten der Detroit Motorshow am Anfang des Jahres nicht unbedingt ablesen, vielleicht jedoch erahnen ließ, ist offensichtlich im Bewusstsein der größten Automobilnation angekommen. Der für seine traditionell hohe Innovationsdichte bekannte Genfer Autosalon hingegen lässt über diese Tatsache keinen Zweifel.

Die überwiegende Mehrzahl der gezeigten Innovationen bei den Serienautos liegt im Sektor der Klein- und Kompaktwagen. Wer kein neues Produkt in diesem Segment anzubieten hat, bemüht sich zumindest, seine Kompetenz und Ambitionen auf diesem Gebiet durch ein Showcar zu demonstrieren.

Nicht zuletzt das Design dieser Automobile ist ein deutliches Indiz dafür, welche hohe Wichtigkeit man diesen für den Erfolg in den nächsten Jahren zuspricht. Gestalterische Kompromisse zu Gunsten einer preiswerteren technischen Lösung, wie sie noch beim Opel Agila, dem ersten Baukastenmodell des General-Motors-Konzern deutlich zu erkennen waren, scheinen in Zukunft unverkäuflich.

Das kleine Auto von morgen ist ein vollwertiges, selbstbewusstes und vor allem erwachsenes Produkt. Ford Fiesta, Mazda2 und auch der Opel Meriva Concept - einer der beachtenswertesten Entwürfe aus der Kategorie Showcars - sowie Toyotas IQ, kleinster Vertreter dieser serienreifen Modelle, sieht man die Bemühungen um diese Ausstrahlung deutlich an.

Bei dem für das Jahr 2009 vorgesehenen Suzuki Concept A-Star - dem designierten Nachfolger des Alto - fällt es besonders auf, dass man ihm jedes noch so kleine Merkmal des für bei diesen Fahrzeugproportionen schnell entstehenden Kindchenschemas mit Entschlossenheit aus dem Gesicht gezeichnet hat.

Spannend im Hinblick auf seine Stellung in der Produktpalette des eigenen Unternehmens ist der Dacia Sandero, der auf einigen Märkten zukünftig als Renault verkauft werden soll. In der gezeigten gestalterischen Qualität kann er die konzerneigenen Konkurrenzmodelle vor sich her treiben. Fast scheint es, dass man ihm die eigenartige sichelförmige Sicke in den Türen als Handikap mitgab, um diese Konkurrenz zu verhindern. Letztlich darüber entscheidend wird jedoch der Preis, für den er dann bei den Händlern steht: Einstiegsversion unter 8000 Euro.

Der frische Wind der letzten zwei Jahre in der Automobilbranche lässt die langlebigen Modetrends im Design schneller verfallen als üblich. Exponiertes Beispiel hierfür ist der VW Scirocco. Seit seiner Präsentation als Concept Car IROC im Jahre 2006 hat sich im Umfeld des Autos einiges getan.

Opulenter Chrom - bzw. Aluminiumschmuck ist einer modernen und vor allem familientauglichen Front gewichen. Die scheint einmal mehr zu bestätigen, dass der im letzten Jahr auf der IAA in Frankfurt gezeigte VW up! mehr als ein einzeln stehender Entwurf war und einen Ausblick auf die zukünftige Designlinie der Marke eröffnet hat. Der ebenfalls gezeigte VW Passat CC scheint dagegen jetzt schon ein wenig wie aus einer anderen Zeit.

Auf dem diesjährigen Salon scheint der Innovationsvorsprung der italienischen Designer verschwunden zu sein. Allein Pininfarina brilliert in gewohnter Qualität mit dem überzeugenden Entwurf Sintesi. Für das nächste Jahr wäre es spannend zu sehen, welche Ideen man in diesen Design-Denkfabriken hat zu der These: "The future of the car is small".

Zum Autor Lutz Fügener

Prof. Lutz Fügener ist Leiter der Kaderschmiede "Transportation Design" der Uni Pforzheim und gilt als der anerkannteste akademische Kritiker des Automobil-Designs.