Essen. Dunkel, dreckig und hoffnungslos - Die Dunkle-Turm-Saga des Gruselautors Stephen King gibt es auch als Comic. Nun ist der zweite Band auf Deutsch erschienen.

„Der Mann in Schwarz floh durch die Wüste, und der Revolvermann folgte ihm.”

Noch immer lässt er ihn nicht los. Dieser erste Satz, mit dem Stephen King vor über 30 Jahren seinen Roman „Schwarz” einleitete. Und mit ihm die Geschichte vom Mann in Schwarz, der schnellen Schrittes durch die sandverkustete Einöde flieht. Verfolgt vom Revolvermann. Gehetzt bis zum Mittelpunkt des Universums.

Geheimtipp und Opus magnum

Kämpfer, Reiter und finsterer Streiter: Stephen Kings Revolvermann
Kämpfer, Reiter und finsterer Streiter: Stephen Kings Revolvermann © Heyne

Mehr als drei Jahrzehnte widmete sich der amerikanische Gruselautor der Suche nach dem „Dunklen Turm”, in sieben Romanen und mehreren Kurzgeschichten erschuf er eine Welt von fast tolkienschen Dimensionen. Allerdings: Tolkien hätte angesichts dieser eigenwilligen Mixtur aus Spagetti-Western, Fantasy und Science-Fiction wohl nur verwundert den beringten Finger erhoben. Denn in Kings Welt sorgen Männer in Blue Jeans mit ihren Colts für Ordnung, leben Riesenspinnen, Mutanten, Dämonen und Roboter. Zweifelsohne: Der Zyklus um den „Dunklen Turm” zählt zu Kings leidenschaftlichsten, zu seinen irrsten, aber auch zu den eher unbekannten Projekten. Ein Geheimtipp, den mancher Fan für das Opus magnum des wohl bekanntesten Horrorautors der Welt hält.

Nie galt der Vielschreiber aus Maine als einer, der knauserig mit den Rechten an seinen Romanen umgeht (darunter viele gute und einige weniger gute). Beiläufig segnete er Verfilmungen ab (darunter viele schlechte und einige wenige gute), er verfasste Sachbücher, ließ Nachschlagewerke anfertigen und versuchte sich als Filmregisseur. Nun hat King ein neues Medium entdeckt: Comics. Und wieder findet sich der einleitende Satz auf der ersten Seite. Und wir sehen: Den Mann in Schwarz in der Wüste. In Deutschland ist jüngst der zweite Band mit den gesammelten Einzelheften um den Dunklen Turm erschienen. Es ist die Vorgeschichte der Romanreihe. Die Geschichte von Roland Deschain, dem noch jungen Revolvermann, der sich mit seinen Begleitern aufmacht, um das Königreich seines Vaters zu retten.

Hoffnungslos und dreckig

King selbst beaufsichtigt das Projekt, hat die Entwicklung aber in die Hand seiner Rechercheurin Robin Furth gegeben. Um bei der Hand zu bleiben: Die Frau gilt als Kings rechte und hat zwei ausführliche Nachschlagewerke über den Dunklen Turm verfasst. Für die zeichnerische Umsetzung sorgt Jae Lee. Und das, was der gebürtige Koreaner auf Papier bringt, ist eine wahre Augenweide. Der schattenreiche Gothic-Stil des Mannes, der sonst auf die Superhelden-Comics des Marvel-Verlags abonniert ist, lässt die düstere Welt des Dunklen Turms noch finsterer erscheinen. Noch hoffnungsloser, noch dreckiger.

In den USA erscheint derzeit der vierte Handlungsbogen der Turm-Comics. Mit der grafischen Umsetzung von „The Stand” hat der Marvel-Verlag jüngst ein weiteres postapokalyptisches Werk von King in die Comic-Shops gebracht. Folgen soll der „Talisman”, eine Zusammenarbeit von King und Peter Straub. Wenig knauserig zeigt sich King also nicht nur mit der Vergabe der Filmrechte. Bleibt abzuwarten, ob die Comics das Schicksal der Filme teilen werden. Von wegen Klasse und Masse . . .

„Der Dunkle Turm” und „Der Dunkle Turm – Der lange Heimweg” sind im Heyne- und als Prestige-Ausgaben im Splitter-Verlag erschienen.