Düsseldorf. Einige der besten Wrestler der Welt kommen im Herbst nach Düsseldorf. Einer von ihnen ist Rey Mysterio.
Meterlang ist der Stretch-Geländewagen, der vor dem Düsseldorfer ISS Dome hält. Doch der Mann, der rausspringt ist nicht viel größer als eine Parkuhr. Was ihm aber keiner sagt. Aus Höflichkeit. Vielleicht aber auch wegen der muskulösen Oberarme, auf die er sich die Namen seiner beiden Kinder hat eintätowieren lassen. Oder wegen der funkelnden Maske, die er trägt und die so herrlich korrespondiert mit dem strassverzierten Metallica-T-Shirt. So ein wenig sieht sein Träger aus wie der Anführer einer Latino-Gang auf dem Weg zum Karneval. Ist er aber natürlich nicht. Rey Mysterio ist einer der Größten im Wrestling – dieser Mischung aus Show und Sport, die längst auch in Deutschland die größten Hallen füllt. Und ein ganz Netter.
„Hello”, sagt Rey. „schön in Düsseldorf zu sein.” Und seine Stimme klingt dabei, als synchronisiere er sonst Marlon Brando in der Rolle des Paten. Dann gibt es Gastgeschenke und eine kurze Führung durch die Halle, bei der Mysterio oft „great” sagt. „Wie gemacht für einen Wrestling-Abend.”
"Undertaker" auf Abschiedstour
Am 7. November will er das beweisen, auf der Abschiedstournee des „Undertaker” – des Totengräbers. Auch einer aus der ersten Garde. Genau wie die anderen, die kommen sollen. Jeff Hardy wird erwartet, „CM Punk”, „Edge” und „Kane”. Die meisten Menschen jenseits der 30 können damit nichts anfangen. Teenager und Twens schon. Sofern sie männlich sind. Für sie sind Mysterio & Co. nämlich Helden. Oft heimliche Helden. Denn ihren Eltern sind sie unheimlich. Wie das ganze Wrestling. Manchen Behörden auch. Immer öfter werden Wrestling-Gastspiele mit einem Jugendverbot belegt.
In Amerika ist das anders. „Da schaut die ganze Familie zu”, sagt Rey. „Und auch immer mehr Frauen.” Weil sie alle wissen, was Wrestling ist. „Entertainment, eine Show”. In der alle Beteiligten nur so tun als ob. In der es Böse gibt und Gute. Eine Show, in der der Zufall keinen Platz hat. Wer gewinnt oder einen Titel holt, bestimmt nämlich nicht die Tagesform, sondern das Drehbuch, das meist flacher ist als die norddeutsche Tiefebene. Trotzdem müssen die Akteure nicht nur Athleten sein, sondern auch Schauspieler. Müssen sich beschimpfen, bedrohen, sich (präparierte) Stühle oder Leitern über den Kopf hauen. Anschließend gehen sie dann nicht selten gemeinsam ein Bier trinken.
Sieben Jahre Training vor dem ersten Kampf
Rey Mysterio hat deshalb keine Probleme mit Kindern am Ring. Nur nachmachen sollen sie nichts. „Dafür braucht man viel Training.” Sieben Jahre hat Mysterio vor seinem ersten Kampf geübt – damals in Mexiko, wo er 1974 unter dem Namen Óscar Gutiérrez Rubio geboren wurde. Seit 2002 ist er in der World Wrestling Entertainment (WWE) aktiv, einem börsennotierten Unternehmen, das jährlich Umsätze im hohen dreistelligen Millionenbereich macht. Mit Shows wie in Düsseldorf, TV-Rechten oder Sammelchips. Letztere sind so beliebt, dass sie in vielen deutschen Schulen verboten wurden. Weil die Schüler ständig um sie spielten.
In der WWE ist Rey zum Star geworden. Einer von den Guten. Reich und berühmt. Ein Millionär. Obwohl er so klein ist. Vielleicht aber auch genau deshalb. Denn wer mit gerade einmal 1,60 Meter Größe und 75 Kilo Gewicht gegen Riesen von zwei Metern und mehr bestehen will, muss einen spektakulären Kampfstil mit artistischen Aktionen entwickeln. „619” heißt der waghalsige Sprung in die Seile, mit dem Mysterio seine Gegner auf die Bretter schickt. Es ist ein Sprung, für den ihn seine Fans lieben, sein Körper aber hasst.
Immer wieder war der Mann mit der Maske in den letzten Jahren verletzt. Mal durch eine falsche Bewegung, mal weil er unglücklich auf den Rücken geknallt ist. Doch selbst unverletzt ist der Job mit bis zu 330 Auftritten pro Saison hart. „Nach jeder Tournee komme ich völlig ausgelaugt nach Hause.” Manchmal, sagt Rey, habe er schon ans Aufhören gedacht. „Aber die Show muss weitergehen.” Wie lange noch? Rey zuckt die Schultern. Was er nach dem letzten Kampf macht, das weiß er allerdings schon.
„Einen langen Urlaub.”