Antalya. Im Missbrauchs-Prozess gegen den deutschen Schüler in der Türkei soll am Mittwoch ein Urteil gesprochen werden. Der Vorwurf: sexueller Missbrauch einer Minderjährigen. Marco hofft auf Freispruch.

Es sollte ein unbeschwerter Osterurlaub werden. Aber die Reise an die türkische Riviera endete im April 2007 für den damals 17-jährigen Marco Weiss mit einem Alptraum: Einen Tag vor der geplanten Heimreise wurde der Schüler aus dem niedersächsischen Uelzen im Hotel von der Polizei festgenommen. Der Vorwurf: sexueller Missbrauch einer Minderjährigen. Acht Monate verbrachte Marco, der seine Unschuld beteuerte, in U-Haft. Erst wenige Tage vor Weihnachten durfte er nach Deutschland zurückkehren. Mehr als zwei Jahre nach der angeblichen Vergewaltigung erwartet Marco nun sein Urteil. Das Gericht im südtürkischen Antalya will heute sein Urteil fällen. Marco hofft auf Freispruch.

13 Bars und eine Disco

Das Clubhotel Voyage Sorgun Select im türkischen Badeort Side, eine knappe Autostunde östlich der Urlaubermetropole Antalya, ist eine gepflegte, weitläufige Anlage. Mehrere große Swimmingpools, 13 Bars und eine Disco sorgen für Kurzweil. Hier verbrachte Marco im April 2007 mit seinen Eltern den Osterurlaub. Und hier traf er die junge Britin Charlotte M.. Eine schicksalhafte Begegnung.

Wie nah kamen sich Marco und Charlotte?

Es war der vorletzte Abend vor der geplanten Heimreise. Nach einem Besuch in der Hoteldisco kamen sich Marco und Charlotte im Zimmer der Britin näher. Wie nah, das ist bis heute umstritten. Etwas Geschmuse, ein wenig Petting, ein harmloser Urlaubsflirt, sagt Marco. Doch am nächsten Tag wartete die Polizei an der Hotelrezeption auf den Schüler, nahm Marco mit zur Wache. Die Mutter der Britin hatte Anzeige gegen Marco erstattet – wegen Vergewaltigung. Ein schwerer Vorwurf, denn Charlotte war damals erst 13 Jahre alt. Marco beteuerte, das Mädchen habe sich als 15-Jährige ausgegeben. Es habe sich nur um Zärtlichkeiten im beiderseitigen Einvernehmen gehandelt.

Marco kam in Untersuchungshaft. Der Fall erregte bundesweit großes Aufsehen und wurde auch zu einer politischen Belastung im Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei.Vor allem die türkische Justiz geriet in die Kritik: wegen ihrer schleppenden Behandlung des Falles, aber auch wegen der katastrophalen Haftbedingungen. Marco saß in einer Gemeinschaftszelle mit 30 Mitgefangenen. Mühsam war die Wahrheitsfindung nicht zuletzt, weil weder Charlotte noch ihre Mutter je als Zeugen vor Gericht erschienen. Die Richter konnten sich allein auf schriftliche Aussagen und Gutachten stützen.

Maximal zehn Jahre Haft

Zwei Jahre zog sich das Verfahren hin, dann verlas Anfang Juni der Staatsanwalt sein Plädoyer: Er beantragte, Marco des sexuellen Missbrauchs und der Vergewaltigung für schuldig zu sprechen. Die Höchststrafe dafür liegt nach dem türkischen Strafrechtsartikel 103, Absatz 2, bei 15 Jahren Haft. Als Minderjähriger könnte Marco mit maximal zehn Jahren rechnen.

Heute wird im Justizpalast von Antalya der voraussichtlich letzte Akt des Justizdramas über die Bühne gehen. Marcos Verteidiger Ahmet Ersoy: „Wir werden Freispruch beantragen.” Marco kommt nicht nach Antalya. Die Belastung sei für ihn zu hoch, sagte sein deutscher Anwalt Jürgen Schmidt.

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