Bonn. Die Verhandlungen über einen neuen weltweiten Klimaschutzvertrag kommen nur schleppend voran, die Vereinten Nationen warnen vor einem Scheitern. Das sind die Hürden auf dem Weg zum entscheidenden UN-Gipfel im Dezember in Kopenhagen.





Nach der Bonner Zwischenkonferenz, die am Freitag endete, hat ein dramatischer Wettlauf gegen die Uhr begonnen: Vier Monate bleiben den Abgesandten der rund 190 Staaten noch, um sich bis zum UN-Klimagipfel in Kopenhagen auf den Vertragstext eines neuen weltweiten Klimaschutzabkommens zu verständigen.


Das große Pokern um die Emissionen

Die Kern des neuen Vertrags: Wer muss wieviel CO2 sparen? Die Wissenschaft sieht es als notwendig an, die Erderwärmung in diesem Jahrhundert im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf zwei Grad zu beschränken, um die befürchteten Folgen der Klimaveränderungen in Grenzen zu halten. Zu diesem Ziel bekannten sich vor einem Monat auf dem G 8-Gipfel im italienischen L'Aquila die acht führenden Industrienationen und Russland. Schwellenländer wie China und Indien schlossen sich an. „Die zwei Grad sind jetzt unsere gemeinsame Basis”, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, müssten die Industrienationen bis 2020 ihre gesamten Emissionen um 25 bis 40 Prozent senken. Entwicklungs- und Schwellenländer, die bislang vom Klimaschutz ausgenommen waren, müssten ihre Menge um 15 bis 30 Prozent kürzen. So soll bis 2050 der weltweite Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen um die Hälfte verringert werden. Offen ist, welches Bezugsjahr dabei gilt.

Die Bonner Konferenz indes brachte im Emissions-Poker keine neuen Entwicklungen. Nach Berechnungen des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung reichen die bislang von Industrienationen zugesagten Sparziele gerade einmal für eine Reduktion von acht bis 14 Prozent.


Kein Geld, kein Vertrag

Der große Streitpunkt bleibt das Geld. Entwicklungs- und Schwellenländer wollen Klimaschutzauflagen nur dann akzeptieren, wenn sie im Gegenzug von den Industrieländern finanziell unterstützt werden. Konkret wird diskutiert: Pro Jahr sollen Industrienationen ärmeren Ländern mindestens 100 Milliarden Euro für die Anpassung an die Klimaveränderungen, etwa für den Bau von Deichen, sowie für den Schutz der Regenwälder, überweisen. Konkrete Zusagen gibt es bisher nicht. In Bonn verhärtete sich der Streit: „Die Gruppe der Entwicklungsländer ist enttäuscht, ein Teil ließ sich dazu instrumentalisieren, die Gespräche zu blockieren”, sagte Christoph Bals, Klimaexperte der Umweltorganisation Germanwatch.


Letzte Ausfahrt Kopenhagen

Der Zeitplan bis Kopenhagen ist unglaublich eng. Netto bleiben den UN-Diplomaten noch drei Wochen Verhandlungszeit. Das nächste Treffen findet Ende September in Bangkok statt, die abschließenden Gespräche Anfang November in Barcelona. Parallel dazu wird in den kommenden Monaten auf höchster Ebene beraten: UN-Vollversammlung, G 20, Europarat.

Bis Kopenhagen wird nun Hand an den Verhandlungstext eines neuen Abkommens gelegt. Der Entwurf wuchs zwischenzeitlich auf unleserliche 199 Seiten an. In Bonn wurde er um ein Viertel gekürzt, schätzt Christoph Bals.

Völlig offen ist, wie das Abschlussdokument letztendlich aussehen wird. Eine Möglichkeit: Ein umfassendes Kopenhagen-Protokoll, das ab 2013 das Kyoto-Abkommen ersetzt. Denkbar sind aber auch mehrere, getrennt ausverhandelte Abkommen. Falls Kopenhagen scheitert, würde der UN-Gipfel mit einer politischen Deklaration enden. Darin stünden unverbindliche Handlungsempfehlungen.

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