Essen. Bei einer Razzia gegen eine irakische Schleuserbande hat die Bundespolizei am Montagmorgen in Essen (2), Oberhausen und Köln vier Haftbefehle vollstreckt. Die Iraker sollen mindestens 35 Landsleute aus dem Irak nach Deutschland gebracht und dafür pro Person 8000 Euro kassiert haben.
Die Kripo Köln der Bundespolizei ermittelt im Auftrag der Essener Staatsanwaltschaft seit September 2008 gegen die Schleuserbande. Die Ermittler haben die Reiseroute inzwischen in allen Stationen dokumentieren können: Die erste Etappe führt aus dem Irak über die Türkei nach Griechenland. Dort nehmen die Flüchtlinge Fähren zu den italienischen Mittelmeerhäfen Ancona, Bari und Venedig. Mit dem Zug oder dem Auto werden sie dann über die Schweiz nach Deutschland geschafft.
Bevorzugtes Ziel: Södertälje
Vielleicht ist das der Beginn eines neuen Trends. Denn: Die Geschleusten stellten in Deutschland Asylanträge. Eigentlich geht die traditionelle Schleuser-Route weiter bis nach Schweden. Weil dieses Land generell Flüchtlinge aufnimmt und diese ihren Aufenthaltsort auch frei bestimmen dürfen, gehen sie meist nach Södertälje. Die Kleinstadt mit 80.000 Einwohnern hat 2007 mehr Irak-Flüchtlinge aufgenommen als die USA und Kanada zusammen. Irakische Christen, christliche Assyrer und andere Nahostflüchtlinge bilden inzwischen ein Viertel der Bevölkerung der Scania-Stadt.
„Wir können ein solches Problem nicht allein schultern”, hat Södertäljes Bürgermeister Anders Lagos letztes Jahr vor dem US-Kongress gesagt. „Zum Teil leben bei uns 15 Menschen in einer Zwei-Zimmer-Wohnung. Das kann nicht gut gehen.” Andererseits ist er froh über die „oft sehr gut ausgebildeten Menschen”.
Obwohl: Das ändert sich gerade. Im Sprach- und Schulungszentrum für Zuwanderer in Södertälje sind die ersten Analphabeten eingetroffen. Sie gingen nie zur Schule wegen des Irakkrieges. Wohl auch deshalb hat die schwedische Regierung, nachdem sie 80.000 Iraker aufgenommen hat, jetzt die ersten Asylanträge abgelehnt und die Bewerber in den Irak zurück geschickt.