Essen. Die Deutsche Post will bei rund 130.000 Beschäftigten einen Verzicht auf eine fest vereinbarte Lohnerhöhung durchsetzen. Die Gewerkschaft Verdi lehnt die Pläne strikt ab. Ohne Einigung werde die Post „den Rotstift an anderer Stelle ansetzen”, warnt Post-Manager Uwe Brinks.
In der Wirtschaftskrise verlangt die Deutsche Post erhebliche Zugeständnisse von ihren Beschäftigten. Das Unternehmen fordert von bundesweit rund 130.000 Post-Beschäftigten den Verzicht auf eine fest vereinbarte Lohnerhöhung, um Einsparungen zu erzielen. „Angesichts der härter gewordenen Bedingungen für unseren Briefbereich wäre es sinnvoll, die geplante Lohnerhöhung zu verschieben”, sagte Uwe Brinks, Bereichsvorstand Brief, in einem Gespräch mit der WAZ-Gruppe.
Bei der Tarifeinigung Ende April 2008 wurde mit den Arbeitnehmern vereinbart, dass die Löhne und Gehälter im Dezember 2009 um drei Prozent steigen sollen. Dies stellt die Post nun in Frage.
Seit der Tarifeinigung habe sich die Lage „dramatisch verändert”, sagte Brinks. „Wir hoffen auf die Gesprächsbereitschaft der Arbeitnehmerseite.” Doch die Gewerkschaft Verdi lehnt die Pläne strikt ab.
Konkurrenz durch E-Mails
Die Situation könnte sich weiter zuspitzen. „Wenn wir keine Lösung beim Thema Lohn finden, müssen wir den Rotstift an anderer Stelle ansetzen”, warnte Brinks. „Es gibt zahlreiche Stellschrauben, um zu den nötigen Einsparungen zu gelangen – beispielsweise eine längere Wochenarbeitszeit oder eine veränderte Entlohnung neu eingestellter Mitarbeiter.” Auch Post-Chef Frank Appel hatte erklärt, es dürfe keine „heiligen Kühe” mehr geben.
Post-Manager Brinks sagte, verstärkt auf Kurzarbeit zu setzen, sei „nur eine kurzfristige Lösung, wir brauchen aber eine Lösung für die nächsten Jahre”. Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit bis zum 30. Juni 2010. Die Gehälter waren bereits zum 1. November 2008 um vier Prozent gestiegen, bei einer Einmalzahlung von 200 Euro. Betriebsbedingte Kündigungen wurden bis zum 30. Juni 2011 ausgeschlossen. Die wöchentliche Arbeitszeit liegt bei derzeit 38,5 Stunden.
„Wir wollen niemandem in die Tasche greifen, aber jeder muss seinen Beitrag leisten”, sagte Brinks. „Auch alle außertariflich Beschäftigten, also das mittlere und obere Management, haben Verzicht geleistet. Der Vorstand hat 2008 zum Beispiel auf seinen Bonus verzichtet.”
Die Post leidet ohnehin seit Jahren darunter, dass weniger Menschen Briefe verschicken und stattdessen E-Mails versenden. Auch die verstärkte Konkurrenz macht dem einstigen Monopolisten zu schaffen. Auch für die Zeit nach der aktuellen Flaute rechnet die Post mit Rückgängen im profitablen Briefgeschäft.
Einbußen durch Arcandor-Insolvenz
Wie die Wirtschaftskrise der Post zusetzt, verdeutlicht das Beispiel des Großkunden Arcandor. Allein im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres schlug die Insolvenz des Handels- und Versandkonzerns bei der Post mit 40 Millionen Euro negativ zu Buche. „Was gerade bei Arcandor passiert, tut auch uns als Konzern weh”, sagte Brinks.
Die Post will bis spätestens Ende 2011 alle selbst betriebenen Filialen aufgeben. Stattdessen sollen nur noch externe Dienstleister wie Einzelhändler Briefmarken verkaufen oder Pakete annehmen. Auch das soll Kosten senken. Die Post zählt derzeit bundesweit rund 14 000 Filialen und zusätzlich 2200 Verkaufsstellen für Brief- sowie Paketmarken. Von den Filialen werden noch 500 von eigenen Post-Mitarbeitern geführt. Insgesamt arbeiten in allen Filialen rund 43 000 Beschäftigte. „Auch ein Schreibwarenhändler oder ein Supermarkt kann hervorragend den Post-Service sicherstellen”, sagte Brinks.
Auch bei der Zustellung will die Post sparen. Ein Testlauf: Vom 6. Juli bis 24. August wurden Infopost und Postwurfsendungen an Montagen nur eingeschränkt zugestellt. In ausgewählten Verteilzentren wurden überregionale Briefe nicht sonntags, sondern erst montags sortiert.