Hannelore Kraft verschärft Kritik an Flüchtlings-Hilfspaket des Bundes
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Berlin. . NRW-Ministerpräsidentin Kraft lässt kein gutes Haar am Beschluss der Bundesregierung zur Flüchtlingspolitik: Die zugesagten Gelder reichen nicht.
Kraft läutete – quer über Parteigrenzen hinweg – das große Feilschen ein. Es geht ums Geld. „Der Bund hat ein Papier auf den Tisch gelegt“, sagte sie, „ich bin mir ziemlich sicher, dass sie sich darüber im Klaren sind, dass das nicht am Ende dabei rauskommen wird“. Sie? Das sind Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, Krafts Parteichef. Haben Merkel und er am Sonntag im Koalitionsausschuss Luftschlösser gebaut?
Heute fahren die Chefs der 16 Staatskanzleien der Länder im Kanzleramt vor. Schon anderntags beraten die Ministerpräsidenten. Spätestens im traditionellen Kamingespräch werden sie ihre Linie gegenüber dem Bund in der Flüchtlingsfrage abstimmen. Sozialdemokratin Kraft ist nur die Speerspitze der Kritik. Sie wähnt viele rot-grüne Länderchefs hinter sich.
„Das können wir nicht stemmen“
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow stört sich am Beschluss, die maximale Aufenthaltsdauer von Flüchtlingen in Erstaufnahmeeinrichtungen von drei auf sechs Monate zu verlängern. Das bedeute für die Länder, dass sie „riesige Kapazitäten schaffen“ müssten, sagte er unserer Zeitung. „Das können wir derzeit nicht stemmen“, erklärte der Linken-Politiker. „Dieser Beschluss kann nicht das letzte Wort sein.“ Der Bund müsse endlich seine Hausaufgaben machen, schloss sich Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) an – und zielte vor allem auf die Beschleunigung der Asylverfahren ab.
Flüchtlinge in DeutschlandKrafts rote Liste der Versäumnisse ist länger – und grundsätzlich. Sie stellt schon die Basiszahl der Großen Koalition in Frage: 800.000 Flüchtlinge in diesem Jahr. So lautet die Prognose, Kraft aber meint, dabei werde es nicht bleiben. Der Asylbewerberzustrom der letzten Tage habe die Beschlüsse des Koalitionsgipfels schon wieder überholt, gibt auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) zu bedenken.
Kraft fordert von der Bundesregierung Milliarden
Im Kanzleramt stoßen Kraft und Müller auf taube Ohren: „Völlig illusorisch.“ Merkel will sich keine Blöße geben und nur mit fertigen Hausaufgaben das Treffen mit den Ministerpräsidenten angehen. Im Klartext: Ausformulierte Gesetzesentwürfe und eine gesicherte Finanzierung. Die hat für Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Priorität. Sind die Begehrlichkeiten der Länder eingepreist?
Deutschland heißt Flüchtlinge willkommen
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Der Koalitionsbeschluss sieht kein frisches Geld für 2015 vor. Genau das mahnen Kraft und andere jedoch an – einen Nachschlag, bitte. Dass der Bund für 2016 drei Milliarden Euro an Hilfen versprach, beeindruckt Kraft wenig. Sie stellt es in Relation zu dem, was NRW allein in diesem Jahr für Flüchtlingshilfe ausgibt: 1,6 Milliarden Euro. Dazu kommen die Aufwendungen der Kommunen. Ähnlich klingt Ramelow. Die drei Milliarden Euro seien ein Schritt in die richtige Richtung, reichten aber nicht.
„Das ist alles suboptimal“
Im Wort sieht Kraft den Bund auch beim Versprechen, die Dauer der Asylverfahren auf drei Monate zu verkürzen. Das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sei offensichtlich überfordert. „Das ist alles suboptimal“, kritisierte sie. Kraft rechnete vor: 200.000 Anträge will das BAMF in diesem Jahr regeln, 270.000 Altanträge lägen auf Halde, mindestens 800.000 Flüchtlinge sind einkalkuliert. „Dann wissen wir, wie sich die Verfahrensdauer entwickeln wird“, spottete Kraft. „Das kann so nicht bleiben.“
Sie vermisst im Koalitionsbeschluss ferner Aussagen zur Gesundheitskarte und zur Betreuung minderjähriger Flüchtlinge. Krafts Kritik: Nicht allen in Berlin sei klar, wie groß die Not in den Ländern sei. NRW müsse in dieser Woche die Erstaufnahme-Plätze von 37.000 auf 54.000 Plätze aufstocken. Bei einer Verweildauer von bis zu sechs Monaten, wie von der Koalition gewollt, bräuchte NRW allein schon 140.000 Plätze, erläuterte Kraft. „Ich weiß nicht, wie wir das hinkriegen wollen.“
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