Essen. Der Wahl-O-Mat soll Bürgern Orientierung in der Polit-Landschaft bieten. Die Satire-Partei “Die Partei“ zeigt auch dort, dass ihr wenig ernst und nichts heilig ist. Sachpolitische Grundsatzfragen treffen auf Gaga-Begründungen und Hitler-Anspielungen. Die Wahl-O-Mat-Macher reagieren gelassen.
Sie treten an, Inhalte zu überwinden - proklamieren in ihrem Wahlprogramm: "Das Bier entscheidet!" Was "Die Partei" macht und fordert, ist Satire - aber die 2004 gegründete Vereinigung mit enger Verknüpfung zum Magazin "Titanic" ist zur Bundestagswahl am 22. September zugelassen. Und findet sich so auch im Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung wieder.
Brav hat "Die Partei" alle Thesen beantwortet, hat da etwa gegen das Betreuungsgeld gestimmt, aber für einen höheren Spitzensteuersatz, Rüstungsexporte abgelehnt, aber eine Maut auf Autobahnen befürwortet. Wer sich durch alle 38 Positionen geklickt hat, kann sich anzeigen lassen, wie sehr die Ansichten übereinstimmen. Nanu? Meinen die etwa doch irgendwas ernst?
Preise für Bubble Tea und Primark-Klamotten regulieren
Ach was. Sachpolitische Grundsatzfragen treffen auf Gaga-Begründungen und Seitenhiebe gegen den etablierten Polit-Betrieb. Beispiele? "Die Partei" stimmt der Forderung zu, der Staat müsse den Strompreis regulieren. Und erklärt: "Aber nicht nur den Strompreis, sondern auch die Kosten für Internet, iTunes, Smartphone-Reparaturen (Sprung im Display), Bubble Tea, Kosmetika, Primark-Klamotten."
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Ein bedingungsloses Grundeinkommen? Findet "Die Partei" gut. "Aber wir nennen es 'Ehrensold' und koppeln es an die Bezüge der diversen Ex-Bundespräsidenten (mittlerweile: fünf), die wir ja schließlich auch finanziell mit durchziehen." Lohnersatz für die Zeit, in der Angehörige gepflegt werden - auch da stimmt "Die Partei" zu. Warum? "Für diese Position haben wir keine Begründung. Aber es klingt verdammt gut, sie zu fordern. Wir denken, das bringt uns Stimmen. Daher sind wir eindeutig dafür."
Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen? Nicht mit ihnen! "Der Führer würde sich im Grabe umdrehen."
Wer zur Wahl zugelassen ist, darf beim Wahl-O-Mat mitmachen
So etwas in einem ernstzunehmenden Informationsangebot, das sich speziell an Politik-Neulinge und Jungwähler richtet? Die Wahl-O-Mat-Macher reagieren gelassen, sehen in den satirischen Spitzen kein Problem. Sie betonen, dass alle zur Wahl zugelassenen Parteien teilnehmen dürfen.
In den Begründungen ihrer Positionen seien die Parteien völlig frei, betont Martin Hetterich, der die Wahl-O-Mat-Redaktion leitet. "Wir müssen die Parteien neutral behandeln". Deren Texte würden weder editiert, noch interpretiert. "Wir würden nur eingreifen, wenn wir juristische Probleme sähen", sagt er. Zum Beispiel dann, wenn die Begründungen volksverhetzende Aussagen enthielten. Das sei aber hier nicht der Fall.
Satire als legitimes Stilmittel
Satire, sagt Hetterich weiter, sei nun mal das offensichtliche Stilmittel, das "Die Partei" charakterisiere. Und dass sich das auch in den Begründungen zu den Positionen wiederfinde, sei legitim.
Spitzenkandidat und Chefsatiriker Martin Sonneborn jedenfalls ist sich sicher, dass "Die Partei" als Gewinner aus dem Wahl-O-Mat-Experiment herausgeht. "Ich muss zugeben", schrieb er Ende der Woche auf Facebook, "wir haben den Wahl-O-Maten so ausgefüllt, dass man als klar denkender Mensch nur auf Die PARTEI kommen kann... Demagogie? Sicher, aber besser als Gewalt..."