Düsseldorf. . Einen Tag nach dem furiosen Erfolg bei der Landtagswahl in NRW beginnen in der SPD und bei den Grünen Überlegungen, wie die Koalition weiterarbeiten soll. Neben einigen personellen Entscheidungen gibt es auch thematisch wenig Streitpunkte. Diskussionsbedarf gibt es nur bei der Energiepolitik und den Kita-Gebühren.
Norbert Römer hat ein Problem. Der bisherige Chef der SPD-Landtagsfraktion, der seinen Job gern weitermachen würde, steht ohne Abgeordnetenmandat da. In seinem Wahlkreis Soest I unterlag Römer am Sonntag dem beliebten CDU-Politiker Eckhard Uhlenberg, und die SPD-Reserveliste, wo er sich auf Platz 2 sicher positioniert glaubte, „zog“ bei der Wahl nicht. Römer ist draußen – aber vermutlich nicht lange.
„Mein Platz ist in der Fraktion“, verkündete er am Montag. Das glaubt auch die Ministerpräsidentin. So viel Zuversicht deutet darauf hin, dass hinter den Kulissen an einer Lösung für den 65-Jährigen gebastelt wird. Intern wird erwartet, dass ein frisch gewählter SPD-Abgeordneter für Römer Platz macht und auf die Regierungsseite wechselt. Wohin? Unbesetzt ist der Staatssekretärs-Posten im Justizministerium. Zum Beispiel.
Wie das geht, hat die CDU nach der Landtagswahl 2005 vorgemacht. Damals stieg Parlamentsneuling Günter Kozlowski zum Staatssekretär auf, damit Regina van Dinther nachrücken und zur Landtagspräsidentin gewählt werden konnte. Immerhin – die wahrscheinlich nächste Präsidentin hat eine vergleichbare Rochade nicht nötig. Wie die WAZ erfuhr, will die SPD als stärkste Fraktion das Amt mit Carina Gödecke besetzen. Die bisherige Vizepräsidentin hat ihren Bochumer Wahlkreis sicher gewonnen.
Grüne wollen Ministerposten behalten
Auch die Grünen beeilten sich, personelle Ansprüche festzuzurren. Obwohl sie am Sonntag leicht verloren und die SPD um 4,6 Prozent zulegte, bestehen sie auf ihren drei Ressorts mit den Ministern Sylvia Löhrmann (Schule), Barbara Steffens (Gesundheit) und Johannes Remmel (Umwelt). In der SPD widersprach niemand. „Wir wären doch dumm, aus unserem Zuwachs an Mandaten jetzt Arroganz abzuleiten“, meinte Generalsekretär Michael Groschek. Ohnehin wird Regierungschefin Hannelore Kraft erst zum Schluss über das neue Kabinett entscheiden. Wenn auch viel darauf hindeutet, dass das überladene Ressort von Wirtschaftsminister Harry Voigtsberger (SPD) neu zugeschnitten wird, sind alle Namen pure Spekulation. Sollte Kraft etwas an der Struktur des Kabinetts ändern wollen, könnten die Koalitionsgespräche darauf erste Hinweise geben. Die sollen laut Kraft frühestens Anfang nächster Woche beginnen. Noch am Montagabend sprach sich die SPD einmütig für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit den Grünen aus.
Bei aller demonstrativen Harmonie gibt es Unterschiede in der Sache. Beispiel Energiepolitik. „Wir sehen für neue Kohlekraftwerke keinen Bedarf, wenn wir es mit der Energiewende ernst meinen“, so Grünen-Landeschefin Monika Düker. Dagegen sieht Groschek Kohlemeiler als „Brücke“ und beansprucht eine „Ausbauperspektive“. Für eine Übergangszeit, heißt es im SPD-Programm, sei sichere und bezahlbare Stromversorgung nur auf Basis fossiler Energieträger möglich. Beispiel Kita-Gebühren. Während die Grünen finanziell „keinen Spielraum“ für weitere Kindergartenjahre zum Nulltarif sehen, will die SPD die Beitragsfreiheit „schrittweise“ erweitern.
Einig über Schuldenbremse
Einig sind sich beide Seiten in dem Ziel, die Schuldenbremse in der Landesverfassung zu verankern – allerdings nicht auf Kosten der Kommunen. Neben dem Klimaschutzgesetz wird vorsorgende Politik für Bildung, Kinder und Kommunen zentraler Bestandteil des Koalitionsvertrags sein.
Für verfassungsändernde Zwei-Drittel-Mehrheiten ist Rot-Grün künftig nicht mehr auf die CDU angewiesen. Um beispielsweise das Wahlalter bei Landtagswahlen auf 16 Jahre zu senken oder Volksbegehren in NRW zu erleichtern, hofft Grünen-Landeschef Sven Lehmann stattdessen auf andere Partner: die Piraten und die FDP. (mit dapd)
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