Düsseldorf.. Der deutliche Wahlsieg der SPD lässt den Landtag an seine Grenzen stoßen. Die Minderheitsregierung in NRW ist Geschichte, was folgt ist ein Maxi-Parlament. 237 Abgeordnete werden ihm in der neuen Wahlperiode angehören, 56 mehr als nach der Wahl vom Mai 2010. Der Grund ist Wahl-Mathematik.
Sie sind eingemottet irgendwo in Abstellräumen in einem Landtags-Untergeschoss und waren eigentlich für den Sommer zum Entrümpeln vorgesehen. Doch das Ergebnis der Landtagswahl vom Sonntag setzt jetzt die Möbelpacker in Gang: 56 zusätzliche Abgeordnetenstühle müssen spätestens am 31. Mai im Plenarsaal am Düsseldorfer Medienhafen aufgestellt sein. Dann startet die konstituierende Sitzung. Zählte das Parlament zur Zeit der rot-grünen Minderheitsregierung insgesamt 181 Abgeordnete, wird es in der neuen Legislaturperiode 237 Politikerinnen und Politiker beherbergen. Geschätzte Mehrkosten pro Jahr: 12 Millionen Euro.
"Das neue Parlament wird der zweitgrößte Landtag, den wir in NRW bis dato hatten", sagt Florian Melcher, Sprecher der Landtagsverwaltung. Nur in der Landtagsperiode 1990 bis 1995, als Johannes Rau in NRW den Zenit seiner Macht erreichte und die SPD knapp unter der 50-Prozent-Marke lag, saßen noch zwei Abgeordnete mehr im Landesparlament. Der Landtag zählte damals noch mindestens 201 Sitze, NRW war in 151 Wahlkreise unterteilt. Zum Jahr 2000 wurde das reformiert. Seitdem gibt es in NRW nurmehr 128 Wahlkreise und der Landtag hat mindestens 181 Sitze.
Der Landtag wird 'aufgepumpt', damit das Verhältnis zwischen den Parteien stimmt
Dass die Parteien nun fast 60 Abgeordnete zusätzlich nach Düsseldorf entsenden als nach der Wahl vom Mai 2010, hat mit dem Verhältnis von Erst- und Zweitstimmen auf dem Wahlzettel zu tun. "Die SPD hat am Sonntag mehr Wahlkreise gewonnen, als ihr bei den Zweitstimmen zustehen", erklärt Martin Fehndrich, Mitinitiator des privaten Portals www.wahlrecht.de. Damit die Verhältnisse korrekt sind, verlangt der Gesetzgeber das Parlament entsprechend 'aufzupumpen', bis die Mischung zwischen Direktkandidaten und Parteienstimmen wieder gegeben ist.
Das führt zu der kuriosen Situation, dass die CDU trotz des desaströsen Wahlergebnisses vom Sonntag nach wie vor mit 67 Abgeordneten in Düsseldorf vertreten sein wird, wie im Mai 2010. Damals lag die CDU bei den Zweitstimmen mit 34,6 Prozent noch minimal vor der SPD. Jetzt stürzte sie auf 26,3 Prozent ab.
Überhangmandat, Ausgleichsmandat, Pattvermeidungssitz
Die SPD wird im neuen Landtag 99 Abgeordnete in ihren Reihen haben. Alle wurden sie direkt in den Wahlkreisen gewählt. Geht es nach dem Ergebnis der Zweitstimmen, hätte die SPD allerdings 23 Abgeordnete zu viel im Parlament ("Überhangmandate"). Um das auszugleichen, greift das Prinzip der "Ausgleichsmandate". Das heißt, die anderen Parteien bekommen zusätzliche Abgeordnete hinzu, weil man die Zahl der Direktkandidaten nicht senken kann.
Berechnet wird die neue Gesamtgröße des Landtags zum einen "mit einer Art Dreisatz", erklärt Martin Fehndrich: Die Sitze der SPD werden durch die Zweitstimmen der SPD geteilt und mit den Zweitstimmen aller Landtagsparteien multipliziert. Um diesen Wert dann auf das Verhältnis der Sitzverteilung im Landtag umzurechnen, wird ein Verfahren des französischen Mathematikers Jean-André Sainte-Laguë ("Divisorverfahren mit Standardrundung") angewendet.
Im Detail führt das nun dazu, dass die CDU im neuen Landtag 16 Ausgleichsmandate erhält, bei den Grünen sind es sieben, bei FDP und Piraten jeweils fünf. Damit der Landtag mit Blick auf die Abstimmungsergebnisse auf eine ungerade Zahl von Abgeordneten kommt, war zudem ein "Pattvermeidungssitz" miteingerechnet worden. Der wurde der CDU zugeschlagen.