Witten. .

Mal klappert und dampft es nur, mal röhrt und stinkt es, mal ist es ganz ruhig: Das Leben an den großen Werken in Witten – den Edelstahlwerken und dem Polyester-Hersteller Evonik – ist für die Anwohner höchst unterschiedlich.

In seiner aktuellen Umwelterklärung für den Standort Witten zeigt Evonik, was rund um die Annenstraße in die Luft fliegt: Staub, Schwefeldioxid, Stickoxide. Die Anwohner bleiben trotz der unsichtbaren Stoffe gelassen. „Das zieht ja mehr zur Dortmunder Straße hin“, hofft Heinrich Geiszt (67). Was da so in der Luft herumschwirre, könne er sowieso nicht feststellen.

Brigitte Wienhoff, die in der angrenzenden Fichtestraße lebt, erinnert sich noch an stinkende Zeiten. „Früher mussten wir die Luft anhalten“, sagt die 58-Jährige. Da habe sie lieber das Fenster zugelassen. „Heute habe ich keine Angst mehr vor unsichtbaren Stoffen.“ Der Konzern versichert, dass sich Anwohner keine Sorgen machen müssen. Man achte darauf, dass es zu keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen komme. Laut Evonik wurde in Witten eine Mio Euro gegen stinkende Luft in die Hand genommen, jährlich fließen insgesamt rund 2,5 Mio in den Umweltschutz.

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Vanessa Kemper hat dagegen die Nase voll. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die 44-Jährige lebt Am Mühlengraben, ein paar Meter weiter kann sie die Schlote der Edelstahlwerke qualmen sehen. Hier glüht eben heißer Stahl im Ofen, nicht zu vergleichen mit Evonik, das weiß auch die Wittenerin. Trotzdem: „Was mich besonders stört, ist der Industriestaub, der sich auf die Autos legt. Der hatte sich so sehr in unseres eingeätzt, dass die Scheiben ausgetauscht werden mussten.“

Klar, habe sie Gesundheitsbedenken, meint Vanessa Kemper. Nicht nur wegen des Staubes, „auch wegen des Schwefelgeruchs“. Und dann sei da noch der Lärm. „Besonders sonntags in der Nacht ist das hier schweinelaut. Dann müssen wir immer die Werksfeuerwehr rufen.“ Die DEW geben an, viel für den Lärmschutz zu tun: etwa durch isolierte Hallenwände oder Geschwindigkeitsbegrenzungen von Fahrzeugen.

Auch in Sachen Luftverschmutzung geloben die Edelstahlwerke Besserung. Sie investierten 50 Mio Euro in den Umbau der Metallverarbeitung in Witten. Dazu gehört eine neue Entstaubungsanlage. Ein Filter ist bereits im Einsatz, ein zweiter soll 2014 fertig sein. Sie sollen die ausgestoßene Luft von Staub, Kalk und Nickel befreien. Radler Rolf Berker (62) merkt noch keine Verbesserung. „Die Gasstraße versuche ich zu meiden. Man riecht, dass das keine saubere Luft ist. Die Autos am Werk sind voller Staub. Das kann ja nicht gesund sein.“