Manche Eltern hat er in den letzten Monaten kräftig ins Schwitzen gebracht, doch jetzt ist er vom Tisch: der Kita-Streik. Gewerkschaften und Städte haben sich auf mehr Geld und einen verbesserten Gesundheitsschutz für die Mitarbeiter in städtischen Kitas und Sozialeinrichtungen geeinigt.
Für Witten bedeutet das – vorsichtig hochgerechnet – wohl Mehrausgaben von etwa 420 000 Euro pro Jahr.
Rund 120 000 Euro davon (ebenfalls eine erste Schätzung) wird die Stadt wohl für die Mitarbeiter in städtischen Kitas und Offenen Ganztagsschulen zahlen müssen. Das seien etwa 150 Euro pro Monat mehr pro Erzieher, so Jugendamtsleiter Harald Herrmann. Wie die klamme Stadt diese Summe stemmen soll, ist noch unklar. Jetzt müsse geprüft werden, wer in welche Tarifgruppe komme und wie sich das summiere. Konkrete Zahlen erwarte er daher nicht vor Oktober, so Herrmann. Über eine mögliche Anhebung der Elternbeiträge müsse die Politik entscheiden.
Der Rat hatte erst Ende Januar eine neue Staffelung verabschiedet. Danach werden Eltern mit einem Jahreseinkommen bis 17 500 Euro von Gebühren befreit, Gut- und Spitzenverdiener werden stärker belastet. So schlagen 45 Stunden Betreuung mit bis zu 412 Euro pro Monat zu Buche.
In den Kitas stößt die Einigung im Tarifstreit auf ein geteiltes Echo: „Wir sind erstmal erleichtert, dass wir nicht mehr streiken müssen”, sagt Doris Pullwit, die Leiterin der Kita Bachschule. „Wir hätten nicht gewusst, wie wir den neuen Kindern, die im August kommen, gerecht geworden wären.” Viele Eltern hätten beim Streik Probleme mit der Betreuung ihrer Kinder gehabt – und den Ärger hätten die Erzieher abbekommen. Für eine Bewertung des Tarifabschluss fehlten ihnen noch die Details, sagt Doris Pullwit.
Gar nicht zufrieden ist eine andere Wittener Kita-Leiterin, die ihren Namen nicht nennen möchte. „Ob unsere Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen und kleineren Gruppen verwirklicht wurden, ist im Moment noch gar nicht ersichtlich.” Und die durchschnittlich 150 Euro höheres Gehalt seien auch kein Grund zu überschwänglicher Freude: „Man weiß ja, was davon hinterher überbleibt.” Sie hätte weitergestreikt, sagt sie. „Das ist keine Einigung, die so super ist, dass wir in die Luft gesprungen wären.”
Für die städtischen Beschäftigten im sozialen und erzieherischen Bereich gilt ab 1. November eine neue Entgeldtabelle. Vor allem für Mitarbeiter, die seit 2005 eingestellt wurden, bedeute dies deutlich mehr Geld, sagt Verdi-Gewerkschaftssekretär Ulrich Padberg. Die Einigung sei überfällig gewesen. Die Betroffenen hätten zu lange zu wenig Geld bekommen und hätten auch mehr verdient. „Das ist jetzt ein erster Schritt.” Wie die Kommunen die Mehrausgaben stemmen sollen, „darüber müssen sie sich jetzt den Kopf zerbrechen”.
Was wer in Zukunft verdient, ist noch nicht im Detail geklärt, sagt Ute Lorenz von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Eine Kinderpflegerin, die bisher bei 1922 Euro eingestiegen wäre, starte zukünftig bei etwa 2040 Euro. Eine Erzieherin bekomme beim Einstieg in den Job statt 2130 bald etwa 2400 Euro, ein Sozialarbeiter statt 2200 etwa 2500 Euro.
Am Freitag wollen die Gewerkschaften die Beschäftigten ab 12.30 Uhr über den Tarifabschluss informieren. Die Stadt will versuchen, den Betrieb mit Notgruppen aufrecht zu erhalten. Die Urabstimmung läuft bis zum 14. August.