Witten. . Laut Wittener Wasserwerk-Chef werden Medikamente oft in der Toilette entsorgt. Dadurch wird das Trinkwasser mit einem bisher schwer kalkulierbaren Mix belastet, vor allem Anti-Epileptika geben Anlass zur Sorge. Nach derzeitigem Stand bestehe aber keine Gefahr.
Das Wittener Trinkwasser enthält eine verhältnismäßig große Menge an Medikamenten, besonders Anti-Epileptika bereiten den Prüfern Sorge.
„Eigentlich sollte davon gar nichts im Wasser sein“, sagt Hansjörg Sander, Geschäftsführer des Verbundwasserwerks, in dem das Lebensmittel regelmäßig getestet wird.
Die gute Nachricht vorneweg: „Die Konzentration hat nach derzeitigem Erkenntnisstand keine Auswirkungen auf den Körper“, verspricht der 60-Jährige. Er gibt aber zu bedenken, dass ein Medikamenten-Cocktail „nicht kalkulierbar“ sei, es gebe ein Restrisiko.
Bei der Wasserreinigung im Werk an der Ruhrstraße werden die Stoffe unter anderem nicht gefiltert, weil dabei sämtliche Mineralien verloren gehen würden. Hansjörg Sander appelliert an die Bürger, Medikamente in der grauen Tonne zu entsorgen. „Viele schmeißen Pillen einfach in die Toilette. Die landen am Ende wieder im Wasser.“
Mit Blick auf die erhöhten Biozid-Werte, die laut Medienberichten durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) in der Ruhr festgestellt worden sein sollen, versichert der Wasserwerk-Chef: „Wir haben keine Erkenntnisse, dass Biozide unser Wasser belasten.“ Das Lanuv war am Rosenmontag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Auch bei anderen Stoffen gebe es keine Grenzüberschreitungen, so Sander. „Unser Wasser ist besser geprobt als jeder Fleischklops.“
Info
Das Wasserwerk wird von den Stadtwerken und dem Gevelsberger Energieversorger AVU betrieben. Das Wasser wird sowohl an der Ruhrstraße als auch extern überprüft: vom Hygieneinstitut Gelsenkirchen und dem Bergischen Wasser- und Umweltlabor Wuppertal. Das Gesundheitsamt EN überwacht die Qualität.
Das Trinkwasser, das die Wittener zu sich nehmen, kommt zu 100 Prozent aus der Ruhr. Pro Jahr werden in Witten sieben Milliarden Liter Wasser verarbeitet. Es wird sowohl auf Schwermetalle wie Quecksilber als auch auf Keime hin untersucht. Keime kommen u.a. bei Hochwasser häufiger im Wasser vor.
Nur wenige Biozide werden getestet
Insgesamt 80 Stoffe werden, wie vorgeschrieben, permanent (etwa der PH-Wert) oder vereinzelt im Jahr überprüft, zweimal zum Beispiel der Gehalt an Pflanzenschutzmitteln. 100 Stoffe werden sporadisch unter die Lupe genommen, darunter auch Biozide (viermal im Jahr). Ungefähr zehn von 200 Biozid-Sorten, zu finden etwa in Unkrautvernichtungsmitteln, sind in Witten Gegenstand von Untersuchungen. Sander: „Wenn wir alles untersuchen würden, wäre das nicht bezahlbar.“
Aus der Politik kommt trotz aller Beruhigungen der Wunsch nach mehr Sicherheit. Eine zusätzliche Reinigungsstufe bei der Wasseraufbereitung könne sinnvoll sein, sagt Georg Klee (52, SPD), Mitglied im Umweltausschuss. Die Stoffe, die sich im Wasser befänden, würden mit den jetzigen Tests „lange nicht abgedeckt“. Man müsse über die Technik im Wasserwerk einen Bericht anfordern und über mögliche Konsequenzen nachdenken.
Derzeit wird das Wasser zunächst zerstäubt, wodurch schädliche Stoffe gelöst werden. In einem zweiten Schritt fließt es durch eine Filteranlage. Wasserwerk-Chef Sander hält weitere Filtermaßnahmen „zurzeit für nicht notwendig“. Neuerungen schließe er aber nicht aus, „wenn sie sinnvoll sind“.