Witten. . Gegen die Hitze hilft nur Schwimmen: Das städtische Freibad ist der ideale Ort für die heißen Tage

Schatten am Kassenhäuschen. So lässt sich problemlos die halbe Minute vorm Freibad in Annen aushalten. Dann, genau 3,30 Euro Eintritt später, kann eigentlich nichts mehr diesen fantastischen Sommertag trüben. Denkste.

Punkt zwölf Uhr mittags verhängen fluffige Wolken den Himmel, durchgängig. Eine erfrischende Brise weht. Trotzdem zeigt das Thermometer Temperaturen jenseits der 30-Grad-Marke an. Kann man prima fühlen an einem der mollig warmen Stahlgeländer am Wegesrand. Offenbar ist nicht nur mir warm. Hunderte bevölkern bereits sämtliche Plastikliegen. Auch die Bänke unter den Bäumen, die Wiesen-Terrassenplätze und weite Teile der Liegewiese sind schon belegt. Platz für mein blau-rot-gestreiftes Badehandtuch dürfte aber noch sein. Und meinen Apfel und das Lieblingsbuch.

Muschelbau in Zeitlupe

Neben einer knallbunten Strandmuschelgalerie schlage ich meine bescheidenden Zelte auf. Gerade steckt eine Mutter wie in Zeitlupe zwei Fiberglasstäbe in die Plastikplane ihres Schatten spendenden Überbaus. Während ihre zwei Mädels noch gelangweilt zugucken, gehe ich lieber schon zum Ernst des Tages über: Hinein in die Fluten!

„Ih, das ist viel zu kalt“, ruft ein zappeliger Junge seiner Mutter zu, während er gekonnt jeglichen Zugang zum Becken absperrt. Er macht das ganz ungewollt, ein echtes Türsteher-Talent. Aber solange der Zehnjährige das mindestens 26 Grad Wasser meidet, ist ja mehr Platz für mich, denke ich. Das Raumvergnügen währt allerdings nicht lange. Kaum bin ich eine Bahn geschwommen, soll der Zappelphilipp tauchen üben. Und er übt und übt und schafft es doch nicht bis zum dritten Pfosten, von dem aus Mama ihn liebevoll anfeuert.

Olympisches Slalom-Schwimmen

Ich übe mich in der Kunst des Ausweichens. Slalom-Schwimmen sollte olympisch werden. Abdrehen im Sekundenbruchteil: vor dem Tauchjungen, dem sommersprossigen Mädchen, dem Schnorchel-Opa. Das ist eine Freibad-Königsdisziplin, wenn man trotzdem mit einem Lächeln seine Bahnen zieht. Der gut dosierte Chlorgehalt des Wassers lässt mich diesen aufwändigen Schwimmstil locker aushalten. Trotz mehrerer Bahnen mit offenen Augen werden diese im Nachhinein nicht rot, der Juckreiz bleibt aus. Prima, da kann ich ja gleich in Ruhe meinen feurigen Drachenroman lesen. Doch ehrlich gesagt ist es dafür viel zu heiß.

13 Uhr: Die Wolken sind alle weg. Die Sonne brennt sich auf der Haut ein. „Juchu, eine Kleeblatt mit drei Blättern“, denke ich und meine Hand zupft automatisch den vermeintlichen Glücksbringer aus der Wiese. Da merke ich, mein Gehirn spinnt vor Hitze. Erst nach zwei weiteren Sekunden wird mir klar, dass vier Blätter am Kleestängel hängen müssten, um Glück zu bescheren. Also lieber zurück ins Wasser.

Wenn man den Kopf beim Schwimmen immer wieder eintaucht, ist es eine Geräuschwelt für sich. Ich höre nur Luftblasen zerplatzen, die gen Oberfläche steigen. Ich sehe zwar planschende Kinder, Wasserballpartien und sprechende Menschen. Aber Worte kann ich nicht verstehen. Nur diesen einen Satz vom Beckenrand: „Boah, das wär so toll, wenn wir heute wieder den Weltmeister sehen“, grölt ein Junge seinem Freund zu. Ich drehe mich um, aber es bietet sich keine Chance, nach dem Star zu fragen. Die zwei sind schon wieder weg. Was soll’s. Für so einen tollen Sommertag brauche ich keinen Weltschwimmstar.