Witten. .

Gut vier Jahre nach ihrer Fast-Pleite schreibt die Privatuniversität Witten/Herdecke wieder schwarze Zahlen und schmiedet große Pläne.

Weil die Hochschule aus allen Nähten platzt, will sie möglichst kurzfristig das benachbarte Forschungs- und Entwicklungszentrum (FEZ) übernehmen und innerhalb der nächsten fünf Jahre ein neues Kongresszentrum mit zwei großen Hörsälen bauen.

Wie lange die Realisierung eines Neubaus dauert, dürfte vor allem von der Finanzierung abhängen. Der kaufmännische Geschäftsführer Michael Anders (47), der die Lage der Uni jetzt dem Ausschuss für Wirtschaftsförderung erläuterte, schätzt die Kosten für einen solchen Kongress-Komplex auf sechs Mio Euro. Bei der Realisierung könnte maßgeblich der neue Hauptgesellschafter helfen, die Software AG, eine der zehn größten Stiftungen Deutschlands.

Die Uni will möglichst alle Fakultäten auf dem Campus konzentrieren. Derzeit ist zum Beispiel die Pflege noch nach Annen ausgelagert. Rund 600 qm Bürofläche hat die Hochschule jetzt schon im FEZ belegt, das sie gerne ganz übernehmen würde. Keiner der Mieter dort solle gekündigt werden, versicherte Anders, der weiterhin Ausgründungen aus der Universität im FEZ ermöglichen will.

Die Frage der Politik, ob man die Entwicklung des FEZ als Gründerzentrum nicht hemmen würde, wenn sich die Uni dorthin vergrößert, verneinte Anders. In den letzten drei Jahren seien vielleicht gerade mal ein bis zwei neue Büros dort entstanden. Zudem gebe es „Bewegungsmasse, wenn wir neu bauen“.

Die Uni sei noch nie so voll wie heute gewesen. 1400 Studenten, deren Zahl innerhalb von drei Jahren auf 2000 steigen soll, und fast 600 Mitarbeiter benötigten entsprechende Räume. Im Winter kämen allein über 300 neue Studenten. Es geht aber nicht nur um Gebäude - das Kongresszentrum könnte sich Anders als Passivhaus vorstellen, klimafreundlich, weil es keine Heizung benötigt. Die Uni-Spitze hat noch mehr Pläne.

„Wir würden gerne einen modernen Campus visionär planen“, sagte der Geschäftsführer. Eine dieser Visionen ist eine Art offenes Theater, eine Begegnungsfläche mit Brunnen und Bänken, dort, wo heute noch Autos parken. Bis Ende März will die Hochschule der Stadt eine Wunschliste übermitteln, die Grundlage für einen städtebaulichen Entwurf sein könnte. Den wünscht sich Anders für die 30-Jahr-Feier im nächsten Jahr. „Darin soll stehen, wie wir in den nächsten 30 Jahren aussehen wollen.“

Ein Masterplan, der einmal an fehlenden Mitteln gescheitert sei, solle auf den Weg gebracht werden, bevor man einzelne Pflöcke einschlage, forderte SPD-Fraktionschef Thomas Richter. Er wünscht sich etwa beim Thema FEZ eher eine Anmietung als einen Ankauf. Die Uni würde lieber das Gebäude besitzen, um etwa die Betriebskosten stärker beeinflussen zu können.

In Gesprächen will man nun ausloten, wie etwa benachbarte Gebäude - gerade das Zahnmedizinisch-Biowissenschaftliche Zentrum (ZBZ) - besser ausgelastet werden könnten. „Wir brauchen einfach Platz“, sagte Anders. Ein Parkhaus, das schon einmal geplant war, kommt ebenfalls wieder auf die Agenda. Was benötigt die Uni noch, um den Campus zu beleben? Ein Fahrradladen, ein Café, eine Mensa, eine neue Bibliothek - der Geschäftsführer und Kanzler kann sich vieles vorstellen, auch ein Gästehaus. Reines Wohnen gehöre aber nicht auf den Campus. Hier sollen etwa die Immobilienbesitzer stärker ins Boot geholt werden.

Auf offene Ohren bei der Uni-Leitung stieß die Forderung aus Reihen des Bürgerforums, studentisches Leben stärker in Witten zu verankern. Witten dürfe keine „Fernuni“ sein, an der die Studenten nur gelegentlich auftauchen. Geschäftsführer Michael Anders wies auf den Slogan hin, mit dem die Uni bundesweit wirbt: „Witten wirkt.“