Witten. . Die UW/H hat ihre eigenen Konsequenzen aus der Fälschungsaffäre von zu Guttenberg gezogen und ihre Kontrollen bei der Prüfung wissenschaftlicher Arbeiten verstärkt.

Fast ein Jahr ist es her, dass der ehemalige Verteidigungsminister, Karl-Theodor zu Guttenberg, von seinen politischen Ämtern zurücktrat, weil er größere Teile seiner Doktorarbeit abgeschrieben hatte. Aus der Plagiatsaffäre zog auch die Universität Witten/Herdecke (UW/H) ihre Konsequenzen und verstärkte ihre Kontrollen.

Schon seit 1999 folgt die Hochschule den „Regeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ und beschäftigt einen Ombudsmann. Seit mittlerweile neun Jahren nimmt Professor Hans-Joachim Lipps (67) diese Aufgabe wahr. Er ist unparteiischer Schiedsmann, wenn ein Student der Fälschung seiner Arbeit verdächtigt wird.

Anti-Plagiats-Software für 299 Euro

Hinweise darauf gibt etwa eine Software, die Ausarbeitungen auf Plagiate prüft. Schon 2003 wurde sie für 299 Euro pro USB-Stick eingeführt. Seit vergangenem Jahr kontrollieren die Professoren der Wirtschaftswissenschaften alle wissenschaftlichen Arbeiten mit ihr. „Ähnlich ist die Praxis etwa an den Fakultäten Philosophie und Kulturreflexion und Pflegewissenschaft“, sagt Ombudsmann Lipps. Daher müssen Studenten mittlerweile alle Arbeiten auch in digitaler Form einreichen.

„Auch die Betreuer sind angewiesen, sorgfältiger auf Fälschungen zu achten“, so Lipps. Denn die Software sei zwar im Einsatz, könne aber nie alle Plagiate aufdecken. So ist es von Vorteil, dass die Guttenberg-Affäre das Bewusstsein der Professoren für Fälschungen verschärft habe. Besonders an der medizinischen Fakultät, der größten der UW/H, müssen die Doktorväter selbst verstärkt auf Plagiate achten. Die Anti-Plagiats-Software nützt nämlich bei Ausarbeitungen von Medizinstudenten nur wenig. „Im Bereich der Medizin handelt es sich bei den Plagiaten häufig um Abbildungen oder Tabellen“, so der Ombudsmann, „die können mit Hilfe der Software nicht erkannt werden.“ Daher werde die elektronische Überprüfung nur bei Arbeiten eingesetzt, die „hauptsächlich aus Text bestehen“.

Persönlicheres Betreuungsverhältnis als Grundstein

Um die Studenten auf die Herausforderungen von wissenschaftlichen Arbeiten vorzubereiten und ihnen zu verdeutlichen, dass Abschreiben kein Kavaliersdelikt ist, finden an allen Fakultäten der UW/H regelmäßig Informationsveranstaltungen zum Thema „Gute wissenschaftliche Praxis“ statt. Daneben sieht die Hochschule auch in ihrem guten Betreuungsverhältnis einen Grundstein für sauberes wissenschaftliches Arbeiten.

Je nach Studienangebot ist ein hauptberuflicher Professor für 14 bis 27 Studenten zuständig. Dadurch sei das Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden persönlicher. Vielleicht ist das tatsächlich eine Voraussetzung für weniger Betrugsversuche. Zumindest die UW/H hat „bisher keinen Fälschungsskandal gehabt“, sagt Ombudsmann Lipps. Zwei Verdachtsfälle hätte es in den letzten Jahren zwar gegeben, die hätten sich aber beide als falsch herausgestellt. „Das waren damals anonyme Anzeigen – Rachsuchtanzeigen, denke ich.“

Um auch in Zukunft Betrüger nicht für eine gefälschte Arbeit zu belohnen, wurde bereits im März 2011 eine Projektgruppe eingerichtet. Sie prüft unter anderem, ob die Anti-Plagiats-Software geeignet ist und welche weiteren Maßnahmen ergriffen werden können, um Fälschungen zu entdecken.