Witten. .
Ein Besuch am Hauptbahnhof kann im wahrsten Sinne des Wortes in die Hose gehen - wenn man nämlich dringend muss. Öffentliche Toiletten? Fehlanzeige.
Linderung in der Not soll künftig die Toilette auf dem Gelände des Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) bringen, die am Donnerstag angeliefert wurde.
Auf den ersten Blick ahnt man noch gar nicht, dass es sich um die neue ZOB-Toilette handelt. Denn als Schutz während der Bauarbeiten wurde sie in eine riesige Holzkiste verpackt, die rund sechs Meter im Quadrat bei einer Höhe von etwa 3,50 Metern misst. Die Toiletten-Anlage ist rot, aber ansonsten baugleich mit der auf dem Rathausplatz. Die ist kostenpflichtig und besteht aus einer Toilette und Pissoirs. Wann die ZOB-Toilette in Betrieb gehen wird, hängt vom Fortgang der sie umgebenden Bauarbeiten ab.
„Bei uns fragen Bahnhofsbesucher ständig nach Toiletten“, erzählt Roswitha Unger vom Presse- und Buchgeschäft im Gebäude. Kein Wunder bei täglich 6000 bis 7000 Besuchern des Hauptbahnhofs.
Als „Freundschaftsdienst“ habe man früher auch Bahnhofsbesucher auf die Mitarbeitertoilette gelassen, so Unger. “Aber das machen wir nicht mehr, seit einige Besucher die Toilette verdreckt hinterlassen haben. Schließlich müssen wir sie selbst putzen“, erzählt sie. Seit 1992 arbeite sie im Laden, eine öffentliche Toilette habe es im Bahnhof in der Zeit nicht gegeben. Wenn sie um vier Uhr morgens im Buchgeschäft anfange, habe sie eklige Szenen im Gebäude erlebt: „Da wurde rücksichtslos in die Ecke gepinkelt, von den Wartehäuschen auf dem Bahnsteig ganz zu schweigen.“
Auch die Radstation im Bahnhof verfügt über Mitarbeiter-Toiletten. „Wenn Passanten fragen, ob sie die benutzen dürfen, drücken wir schon mal ein Auge zu. Obwohl wir häufiger erlebt haben, dass uns die Toiletten ziemlich versaut wurden“, erzählt Radstation-Mitarbeiter Michael Seifert. Aber es gebe auch Leute, die aus Dank für die Benutzung 50 Cent in die Kaffeekasse stecken würden.
Auch die Taxifahrer vor dem Bahnhof können ein Lied vom Toilettennotstand singen: „Wir haben Kollegen, die trinken vor der Arbeit extra kein Wasser mehr, um nicht pinkeln zu müssen“, erzählt Fahrer Martin Messingfeld. Wenn sie dennoch müssten, fragten sie bei den Geschäften im Bahnhof an oder aber bei der Spielhalle gegenüber oder der Tankstelle Lente. „Aber spätestens nachts machen die alle zu und dann gibt es nur eine Notlösung: an irgendeinen Baum zu pinkeln“, gibt Taxifahrer Erdogan Durmus unumwunden zu.
„Es steht in keiner Bauordnung, dass die Stadt öffentliche Toiletten anbieten muss. Gerade als überschuldete Kommune wie Witten dürfen wir freiwillige Leistungen nicht übernehmen“, so Stadtsprecherin Lena Kücük. Natürlich sei man froh über die ZOB-Toilette, die im Gesamtpaket des Bauprojekts enthalten war.
Auch der neue Eigentümer des Bahnhofsgebäudes, Markus Bürger, plant beim Umbau keine öffentlichen Toiletten: „Aber es wird ein Gastronomiebetrieb einziehen, der natürlich über Toiletten verfügt. Vielleicht zeigt der sich ja einsichtig.“