Witten. .

Wer sich in Witten aufs Glatteis begeben möchte, der muss nicht etwa ab auf den Teich oder See. Da reicht derzeit auch der Gang über die Erlenwegbrücke. Denn der gerät zur Rutschpartie, seit die Stadt hier nicht mehr streut.

Hannelore Klinke kann davon ein Lied singen. Täglich überquert sie die Brücke, die zwischen Westfalenstraße und Goethestraße/Ecke Otto-Laue-Straße liegt, mindestens zwei Mal. Hin und zurück. Auf dem Weg zum Arzt, zum Supermarkt oder zum Sport. Und mit Beginn der eisigen Temperaturen hat sich die 68-Jährige gewundert, dass von Streusalz oder Sand weit und breit nichts zu sehen war. Inzwischen ist der Schnee zu einer rund fünf Zentimeter dicken und extrem huckeligen Decke gefroren. „Viele alte Leute müssen hier lang“, sagt sie und das sei doch extrem gefährlich.

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Von Annette Kreikenbohm

Ihr Anruf beim Betriebsamt ergab: Die Brücke, die in einem recht steilen Bogen über die Bahngleise führt, sei tatsächlich aus dem Streuprogramm herausgenommen worden. Das bestätigt Einsatzleiter Thomas Bodang. Ursache sei die knappe Personallage. „Wir haben uns den Streuplan der letzten Saison vorgenommen und geguckt: Welche Gehwege sind verkehrswichtig und welche nicht.“

Verkehrswichtig sei ein Weg, so Bodang, wenn ihn pro Stunde im Tagesschnitt 100 Menschen benutzen. Das gelte für etwa ein Viertel der bislang vom Winterdienst der Stadt gestreuten Wege nicht. Er habe den Streuplan der acht Handkolonnen komplett durchgearbeitet und sei überall selbst vor Ort gewesen, um die Situation zu prüfen, auch jene an der Erlenwegbrücke. „Und da geht in der Viertelstunde vielleicht einer ‘rüber“, sagt Thomas Bodang.

Dienstagmittag gegen 14 Uhr. Zehn Minuten stehen wir auf der Brücke. Mindestens zehn Leute nutzen den Weg, darunter eine Frau mit Kinderwagen und eine Seniorin mit Sporttasche. „Hier kann man sich ja den Hals brechen“, sagt sie und setzt ganz langsam einen Fuß vor den anderen.

„Das ist ja nicht irgendeine Brücke“, sagt Bernhard Kohlstedde (70), der gleich an der Ecke Otto-Laue-Straße wohnt und ständig beobachten kann, wie vor allem ältere Fußgänger Schwierigkeiten beim Überqueren haben. Dass der Umweg über die gestreute Dortmunder Straße laut Stadt im Winter zumutbar sei, kann er kaum glauben. „Da brauchen Sie doch mindestens eine halbe Stunde“, sagt auch Hannelore Klinke.

Thomas Bodang bleibt dabei: Zur Streuung der Brücke sei die Stadt rechtlich nicht verpflichtet. Wer sie benutze, tue dies auf eigenes Risiko. Entsprechende Hinweisschilder, wie sie in den 80er Jahren mal aufgestellt wurden, müssten nicht angebracht werden.

Ebenfalls raus aus dem städtischen Streuplan sind übrigens die Wege im innerstädtischen Lutherpark, einige „Spazierwege“ im Bereich Röhrchenstraße und Egge sowie einige andere Gehwege im Stadtgebiet. „Manchmal“, sagt Bodang, „sind das nur ganz kurze Strecken, die aber weit außerhalb liegen.“