Wie sieht's aus mit dem Nichtraucherschutzgesetz? Bisher gab es einen Bußgeldbescheid vom Ordnungsamt. Eine Bilanz
Familie Noroschat hat es versucht, das Experiment mit der sauberen Luft. Keine Raucher, kein Qualm, kein gelben Tapeten. Für Monate erklärten sie das Kaffeehaus in der City zum Nichtraucherbereich. „Gut angenommen wurde es nicht ”, sagt Dennis Noroschat (25), Bruder der Inhaberin.
Viele Gäste wollten rauchen - und blieben deshalb nur kurz auf eine Tasse Kaffee. Ausreichend Umsatz ließ sich damit nicht machen. „Also wurden wir ein Rauchercafe´”, bilanziert Dennis. Jetzt läuft's wieder, 3000 Mitglieder sind auf der Liste. Das Cafe´ ist voll, die Aschenbecher auch.
Für klassische Kneipen ist der „Raucherclub” eine Art Rettung vor dem Ruin gewesen. „Wir hätten hier Kellner kündigen müssen. Ohne Raucher kein Umsatz”, sagt Stephanie Klaß (39), Inhaberin des „Old House” am Rathaus. Am Tresen sitzen jetzt Club-Mitglieder. Udo Beier (61), Raucher aus Leidenschaft, zückt seinen Mitgliedsausweis. „Albern! Aber wenn ich auf diesem Wege hier weiter rauchen darf, bitte schön.” Ein Euro Beitrag pro Jahr kostet die Mitgliedschaft im Old House.
Auch knapp ein Jahr nach der Einführung des Nichtraucherschutzgesetzes gibt es nicht nur in Witten jede Menge Kneipen und Cafe´s, in denen fröhlich weiter geraucht wird. Legal. Ein Gesetz mit zahlreichen Ausnahmen macht es möglich. So können Inhaber geführte Eckkneipen seit einiger Zeit wieder Bier und Zigarette anbieten. Wer keine Eckkneipe hat, aber dennoch ein rauchseliges Tresenpublikum versorgt, der kann seine Gaststätte als Raucherclub anmelden. Und wer ein Restaurant besitzt, der kann einen Teil abtrennen und dort die Raucher hinsetzen.
Torsten Hellwig, NRW-Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbandes bilanziert: „Dieses Gesetz fördert die friedliche Koexistenz zwischen Rauchern und Nichtrauchern.” Kritiker würden die Rechtsprechung vielleicht etwas halbherzig nennen.
Friedlich war es laut Wittener Ordnungsamt tatsächlich in den vergangenen Monaten, trotz neuer Gesetzeslage:„Wir hatten kaum Beschwerden, denen wir nachgehen mussten”, sagt der stellvertretende Leiter Gerald Klawe. Einige mündliche Verwarnungen, ein halbes Dutzend Verwarngelder von bis zu 35 Euro und ein Bußgeldbescheid gegen einen Gastronomen. Die Forderung: etwa 200 Euro. „Insgesamt ist es sehr ruhig abgelaufen”, heißt es beim Ordnungsamt. Dabei sei doch so viel über dieses Gesetz diskutiert worden.
Viola Rath (71), Gast im Kaffeehaus, seit 40 Jahren an der Zigarette, diskutiert immer noch leidenschaftlich: „Es sollte so sein wie früher, da war rauchen überall erlaubt.” Sie fühlt sich eingeschränkt.
Margit Böhlke (61), ebenfalls Raucherin, sagt es so: „Früher haben wir die Nichtraucher diskriminiert, heute diskriminieren sie die Raucher.” Einig sind sie sich dabei, dass im Restaurant nicht unbedingt der Glimmstengel sein muss. Wer süchtig ist, der lässt eben den Nachtisch sausen.
Bernd Riemann (20) sitzt am Tisch nebenan, heute raucht er ausnahmsweise Filter. „Als das Nichtraucherschutzgesetz herauskam, dachte ich erst, au Backe, wo kann man denn überhaupt noch rauchen?” Mittlerweile macht er sich da keine Sorgen mehr.