Witten. Das Projekt „Alpencross“ der Helene-Lohmann-Realschule in Witten ist seit Jahren beliebt. Nun gehen wieder Zehntklässler auf Mountainbike-Tour.

Für diese Aktion würde man am liebsten nochmal zur Schule gehen: Die Helene-Lohmann-Realschule in Witten veranstaltet jedes Jahr einen Alpencross - eine achttägige Mountainbiketour von München über die Alpen zum Gardasee. Seit 2018 Lehrer Christian Bockelbrink das erste Mal in die Pedalen bat, ist diese AG eine der beliebtesten an der Bommeraner Schule. Er fährt zum siebten Mal über die Pässe. 14 Teenager werden zum ersten Mal an ihre Grenzen kommen. Aber das üben sie ja gerade.

Einmal pro Woche bleiben die sechs Mädchen und acht Jungs freiwillig länger in der Schule. Nur wer ein Jahr lang an der AG teilnimmt und wöchentlich trainiert, darf im Juni 2024 mitradeln. An diesem Donnerstagnachmittag sind zwei Mitarbeiter des Wittener Fahrradhändlers Vit-Bikes gekommen und lehren Fahrradreparatur. Kaputten Schlauch wechseln, Bremsen einstellen, die kleinen Pannen eben, die den Zehntklässlern auf ihrer Tour passieren könnten. „Das schadet auch im weiteren Leben nicht“, findet Monteur Holger Herth. Also alle erstmal: Bikes umdrehen!

Wittener Fahrradladen sponsert Räder

Timon ist mit seinem schlammbespritzen Mountainbike inklusive plattem Reifen zur Schule gekommen. „Dankenswerterweise“, lobt Lehrer Bockelbrink, so könne man direkt üben. Der Junge, der an Wochenenden schonmal bis Köln radelt und etliche Streckenkilometer in seiner App verzeichnet hat, holt nicht zum ersten Mal den Mantel von der Felge, das sieht man.

Die Vit-Biker sind von den Jugendlichen begeistert. „Sowas hätte ich als Schüler auch gern gemacht“, schwärmt Inhaber Thorsten Guhr. Als ihn eine Kundin, gleichzeitig die Schulleiterin, angesprochen hatte, sagte er sofort Unterstützung zu. Der Fahrradladen von der Pferdebachstraße sponsert zwei Räder und Helme. „Und ich glaube, wir bleiben hier am Ball“, verspricht Guth.

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Vorbereitung für den Alpencross: Holger Herth von Vit Bikes erklärt Lena, wie man einen Schlauch am Fahrrad wechselt.
Vorbereitung für den Alpencross: Holger Herth von Vit Bikes erklärt Lena, wie man einen Schlauch am Fahrrad wechselt. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

Mit dieser Ausstattung kann die Helene-Lohmann-Realschule jetzt auch Räder an Jugendliche verleihen, die kein eigenes Mountainbike haben. So hat das Alpencross-Projekt nochmal richtig Rückenwind bekommen. 2017/2018 gab es die erste erfolgreiche Alpenüberquerung. Der starke Teamgeist von einst sprach sich herum: Seitdem sind die 14 AG-Plätze, nur für Zehntklässler, immer sofort belegt. Das Projekt steht fest im Angebotskanon der Realschule. Dort ist man überzeugt: Das Erleben von eigenen Grenzen, das Spüren von großer lohnender Anstrengung, trägt wesentlich zur Entwicklung junger Menschen bei.

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Wobei: Es geht nicht nur ums Mountainbiken. Alles rund um und auf der Tour wird medial aufbereitet. Es gibt Dokumentationen auf der Homepage, dem Instagram- und Facebook-Kanal der AG. Zwei Mädels machen einen Podcast zur Tour, zwei Jungs werden die Etappen mit Drohnenaufnahmen filmen, sogar eine 360-Grad-Kamera soll zum Einsatz kommen. Es gibt mit Nicole, Anika und Emma sogar ein Presseteam. Sie haben auch die lilafarbenen Trikots designt, die das Wittener Team während der Tour tragen wird.

Teilnehmer stehen kurz vorm Schulabschluss

Nicole Schewalje fiebert seit der fünften Klasse der Radtour entgegen. „Ich bin eh sehr sportbegeistert“, sagt sie. Anika Zobel reizt die Idee, sich selbst so herauszufordern. Theoretisch müssen die 16-Jährigen zurzeit mindestens 40 Kilometer pro Woche Rad fahren. Aufgezeichnet wird das in einer App, die Lehrer und Mitschüler einsehen können. Praktisch behindern Regen und Schulstress oft den Trainingsplan. Schließlich stehen die Teilnehmer kurz vorm Schulabschluss. Direkt nach den Prüfungen werden sie zunächst per Zug bis Mittenwald fahren und dann etwa 340 Kilometer über Innsbruck gen Italien radeln.

Sieben Etappen, jede etwa 70 Kilometer lang, müssen sie schaffen. Mitunter wollen 1100 Höhenmeter überwunden werden - hat man davor nicht Respekt? „Es gibt hier ja keine vergleichbare Strecke, wo man so etwas üben könnte“, tröstet Christian Bockelbrink. Er kann nur aus Erfahrung sagen: Seit 2018 hat keiner der Mitfahrenden je die Tour bereut.

Infos: www.hlr-alpencross.de, Instagram unter hlr.alpencross nach.