Der Wittener Palliativ-Arzt Dr. Thöns ist froh, dass beide Gesetzesentwürfe zur Sterbehilfe abgelehnt worden sind. Er sieht gravierende Fehler.
Eine gesetzliche Regelung zur Sterbehilfe ist vorerst gescheitert. Im Bundestag verfehlten zwei dafür vorgelegte Entwürfe am Donnerstag jeweils eine Mehrheit. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach äußerte anschließend sein Bedauern darüber. Für den Wittener Palliativarzt Dr. Matthias Thöns gehen die Entscheidungen aber völlig in Ordnung.
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„Heute war ein guter Tag des Parlaments“, so der 56-jährige Mediziner auf Nachfrage der Redaktion. Die Abgeordneten hätten letztlich zwei schlechte Gesetze abgelehnt. „Suizidhilfe bleibt bei freiverantwortlichen Menschen legal, bei psychiatrischer Willensstörung dagegen eine schwere Straftat – und genau so sollte es ja sein.“
Wittener Verfassungsbeschwerde eingelegt
Thöns gehörte zu den Ärzten, die Verfassungsbeschwerde eingelegt hatten und recht bekamen. Laut Paragraf 217 des Strafgesetzbuchs war die „geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung“ seit 2015 verboten. Wobei „geschäftsmäßig“ nicht erwerbsmäßig bedeutet. Gemeint ist, dass ein Arzt in mehr als einer Ausnahmesituation Sterbehilfe leistet. Die Mediziner sahen sich durch dieses Gesetz kriminalisiert.
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Im Februar 2020 kippte das Bundesverfassungsgericht dann den umstrittenen Paragrafen und entschied: Unter strengen Voraussetzungen soll Hilfe zur Selbsttötung künftig möglich sein. Außerdem wurde der Bundestag beauftragt, eine neue Regelung für die Beihilfe zum Sterben in Deutschland zu finden. Das ist nun vorerst gescheitert.
Zurecht, wie Thöns meint. Die große Mehrheit wünsche liberalere Lösungen und kein neues Strafgesetz. „Aber natürlich sagen verständige Menschen auch: Für psychisch kranke oder flüchtige Sterbewünsche braucht es ein Schutzkonzept – also den Lebensschutz.“ Das hätten beide Entwürfe leider nicht beachtet.
Palliativmediziner hofft auf vernünftige Lösung
In dem Entwurf der Gruppe Castellucci/Heveling, die eine Neuregelung im Strafgesetzbuch vorgeschlagen hatte, sieht Thöns „eine Neuauflage des gescheiterten Paragrafen 217“, die selbst Sterbenskranken den Weg zum Tod verbaut hätte. Die Gruppe Kühnast/Helling-Plahr habe zwar eine gute Lösung für Schwerkranke gefunden, so der Wittener. Dagegen sei aber der Lebensschutz für „Gesunde“ mit einer einzigen Beratung in drei Wochen Abstand wahrscheinlich etwas knapp bemessen gewesen.
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Der Palliativmediziner bedauert, dass sich die Parlamentarier der unterschiedlichen Gruppen nicht an einen Tisch gesetzt haben und die für ihn augenscheinlich vernünftige Lösung gefunden haben: keine hohen Hürden für Todkranke und gleichzeitig sehr strenge Regeln für körperlich gesunde Sterbewillige.