Witten. Der Wittener Arzt Matthias Thöns ist erleichtert: Er hat vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich gegen den Sterbehilfe-Paragrafen geklagt.
Das Bundesverfassungsgericht hat einen umstrittenen Sterbehilfe-Paragrafen gekippt: Unter strengen Voraussetzungen soll geschäftsmäßige Hilfe zur Selbsttötung künftig möglich sein. Das Urteil findet in Witten geteiltes Echo. Einer, der vor das Gericht gezogen war, ist der Wittener Palliativmediziner Dr. Matthias Thöns.
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Am frühen Nachmittag hat Thöns eine Flasche Sekt aufgemacht. „Wir haben schon damit gerechnet, dass die Verhandlung zu unseren Gunsten ausgeht“, sagt Thöns. „Aber dass das Gericht das aktuelle Gesetz zur Sterbehilfe für nichtig erklärt, damit hätten wir nicht gerechnet.“ Thöns spricht von einem „guten Urteil für Menschen in verzweifelten Situationen“.
Wittener Arzt: „Mediziner können nicht alles Leid lindern“
Der Wittener Palliativarzt gehört zu den Ärzten, die Verfassungsbeschwerde gegen Paragraf 217 eingelegt haben. Elf wurden vor Gericht zugelassen – so auch er. Sein Argument: „Ich betreue jedes Jahr 400 todkranke Patienten mit meinem Team hier in Witten. Jeder Vierte spricht mich an, dass er verzweifelt, des Lebens überdrüssig ist. Früher hätte ich eine Notfallbox mit Morphium oder Schlafmitteln verschreiben können. Aber wenn ich das mache, laufe ich Gefahr, angezeigt zu werden.“ Es müsse erlaubt sein, Patienten auch „leidarme Methoden“ zu erläutern. „Es stimmt nicht, dass man als Palliativmediziner alles Leid lindern kann.“
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Vier Jahre galt der Sterbehilfe-Paragraf, der nun nichtig ist. Schon ab morgen werde er wieder nach seinem Gewissen beraten und behandeln. Thöns betont: „Es geht um absolute Ausnahmefälle.“ Er habe nicht einen Fall in Witten erlebt, in dem der Patient zum Äußersten gegangen sei.
Besorgt über das Gerichtsurteil äußert sich der Wittener Politiker Simon Nowack, Vorsitzender des Ev. Arbeitskreises der CDU Ennepe-Ruhr: „Die geschäftsmäßige Beihilfe zum Suizid widerspricht unserem Verständnis des christlichen Menschenbilds und unserem Glauben.“ Dazu zähle vor allem, dass dem schwerkranken Menschen in keiner Situation das Recht auf Leben abgesprochen werden darf. Vielmehr müsse er in seinem Lebenswillen unterstützt und auf seinem letzten Weg fürsorglich begleitet werden.