Witten. Nach heftigen Diskussion ist eine geplante Corona-Debatte an der Uni Witten/Herdecke abgesagt worden. So begründet die Hochschule den Entschluss.
Die Initiative „Das Ich im Wir“ hat die Veranstaltung „Die Würde des Menschen – (un)antastbar?“, die am 21. und 22. Oktober an der Uni Witten/Herdecke stattfinden sollte, abgesagt. Laut Programm sollte dort die „Perspektivenvielfalt in Wissenschaft und Gesellschaft“ in der Corona-Debatte diskutiert werden.
Im Vorfeld hat die Einladung des Finanzwissenschaftlers Stefan Homburg und der Bonner Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot für heftige Diskussion gesorgt. Die beiden sind in der Vergangenheit als Impfskeptiker aufgetreten und sollen das Coronavirus verharmlost haben.
Universität Witten/Herdecke distanziert sich von Querdenkerszene
Auf der Internetseite der Initiative heißt es nun, dass man die Veranstaltung aufgrund einiger Absagen maßgeblicher Referenten und Referentinnen absagen müsse. Auch die Universität hat sich in einem offenen Brief zur Absage geäußert.
„In verschiedenen Medien und sozialen Netzwerken wurde zum Teil sehr kontrovers über die Tagung „Die Würde des Menschen – (un)antastbar?“ berichtet“, heißt es dort. Dabei sei die Universität mit der „sogenannten Querdenkerszene“ in Verbindung gebracht worden. „Wir möchten deshalb noch einmal klipp und klar zum Ausdruck bringen, was für jede akademische Institution unseres Landes eine Selbstverständlichkeit zu sein hat: Die Universität Witten/Herdecke distanziert sich in aller Entschiedenheit von den Meinungen, Positionen und Narrativen der Querdenkerszene.“
Zuvor habe man für weitreichende Toleranz mit polarisierten und/oder kritischen wissenschaftlichen Positionen geworben. Gleichzeitig habe man deutlich gemacht, dass diese Toleranz nicht grenzenlos sei und „und dass sich unsere Universität in der – immer wieder neu – schwierigen Frage eines Grenzverlaufes an drei klaren Kriterien orientiert: keine Verletzung geltenden Rechts, keine persönlichen Angriffe, kein Missbrauch der Universität unter dem Deckmantel der Wissenschaftlichkeit, um nachweislich widerlegten Aussagen eine Bühne zu geben“.
Kritik auch aus der Politik
Das sei nun nicht mehr gegeben, da mehrere der eingeladenen wissenschaftlichen Experten und Expertinnen abgesagt, beziehungsweise sich von der Veranstaltung distanziert hätten. Zudem habe die veranstaltende Initiative keinen passenden wissenschaftlichen Ersatz gefunden.
„Damit haben wir einen Punkt erreicht, an dem die Universität unter dem Deckmantel der Wissenschaftlichkeit missbraucht werden kann, indem sie nachweislich widerlegten Aussagen eine unkritische Bühne bietet“, sagt Martin Butzlaff, Präsident der Uni Witten/Herdecke. „Dies können und wollen wir nicht tolerieren.“ Daher distanziere sich die Hochschulleitung und verbiete die Nutzung der Universitätsräume für die geplante Debatte.
Zuletzt hat es auch aus der Politik Kritik gegeben. So fand Grünen-Politiker Janosch Dahmen, der gleichzeitig im Aufsichtsrat der Hochschule sitzt, gegenüber dem Online-Portal „Volksverpetzer“ klare Worte. „Auch Universitäten und wissenschaftliche Einrichtungen müssen sich die Frage gefallen lassen, ob solche Menschen weiter mit ihnen assoziiert bleiben sollen und ob es richtig ist, ihnen eine Bühne zur Aufwertung ihrer skurrilen Thesen zu bieten.“