Witten. Der Bundestagsabgeordnete Axel Echeverria heuerte für mehrere Tage ehrenamtlich bei der Bahn an. Nun hat er Forderungen an das Unternehmen.

Die Bahn sieht sich vielfacher Kritik ausgesetzt. Der heimische Bundestagsabgeordnete Axel Echeverria (SPD) wollte sich selbst ein Bild von dem Unternehmen verschaffen – und war als Zugbegleiter, Servicekraft und Ticketverkäufer tätig. Was sich ändern soll, auch in Witten, hat er dem Bahnvorstand danach in einem persönlichen Gespräch dargelegt.

Die Einsatzgebiete hatte der 42-Jährige mit dem Konzern zuvor abgestimmt, sein Fraktionskollege Axel Schäfer aus Bochum machte ebenfalls mit. „Zunächst war das so genannte Ticketing angesagt“, erzählt Echeverria von seinem „Praktikum“. Der Wittener saß in der Bochumer Bahnhofshalle am Schalter mit Bahnbediensteten zusammen, natürlich im blauen Dress des Konzerns.

Bahn soll die Handhabe der Fahrkartenautomaten erleichtern

Nachdem die Mitarbeiter ihm gezeigt hatten, wie er Karten ausdruckt, durfte der Wittener auch selbst ran – natürlich immer unter fachkundiger Begleitung. Ebenso führte er Gespräche mit den Fahrgästen, die ein Ticket kaufen wollten oder sich nach einer passenden Verbindung erkundigten. Erstaunt zeigt sich Echeverria, wie viele Menschen ein Gespräch und eine Beratung wünschen, anstatt über Apps zu buchen oder das Ticket am Automaten zu ziehen.

Er habe vor allem ältere Menschen bedient. Das zeige sehr deutlich, dass die Bahn diesen Service beibehalten solle. Das habe er auch nach „seinem Praktikum“ gegenüber Bahnvorstand Berthold Huber verdeutlicht. Nun lasse sich das Rad sicherlich nicht zurückdrehen, so der Sozialdemokrat, der Konzern werde gewiss die Schalter im Wittener Bahnhof nicht wieder beleben. Aber zumindest sollte das Unternehmen die Handhabe von Automaten gerade auch für Senioren einfacher gestalten.

Einsatz im Dress der Deutschen Bahn: Der Bundestagsabgeordnete Axel Echeverria war zwei Tage als Zugbegleiter mit dem ICE unterwegs.
Einsatz im Dress der Deutschen Bahn: Der Bundestagsabgeordnete Axel Echeverria war zwei Tage als Zugbegleiter mit dem ICE unterwegs. © Büro Echeverria

Bei dem nächsten Dienst bot sich dem Abgeordneten eine faustdicke Überraschung. Ihm selbst und offensichtlich auch vielen Bürgern sei überhaupt nicht bekannt, dass man über die Hotline der Bahn Hilfen buchen kann. Denn sehr stark nachgefragt sei das Angebot wohl nicht, wie er es selbst erlebt und aus Gesprächen mit Bediensteten erfahren habe.

Echeverria holte, ebenfalls am Bochumer Hauptbahnhof, beispielsweise Rollstuhlfahrer an einem verabredeten Ort auf einem Bahnsteig ab und half ihnen in den Zug. „Die Servicekräfte hieven auf Wunsch auch Gepäck ins Abteil oder kümmern sich um Sehbehinderte, dass sie den richtigen Zug finden.“ Für diesen Service sollte die Bahn deutlich mehr Werbung machen, „sie zeigt sich hier von ihrer besten Seite“.

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Zugbegleiter reagieren bei Kritik und Ärger äußerst gelassen

Die Fahrkartenkontrolle gehörte zu den Aufgaben von Axel Echeverria als Zugbegleiter. Die Bahnbediensteten standen ihm zur Seite.
Die Fahrkartenkontrolle gehörte zu den Aufgaben von Axel Echeverria als Zugbegleiter. Die Bahnbediensteten standen ihm zur Seite. © Büro Echeverria

Welchem Stress Zugbegleiter ausgesetzt sein können, erlebte der Wittener auf Bahnfahrten, die ihn von Bochum über Hannover und München wieder zurück ins Ruhrgebiet führten. Auf einer der Strecken war der vorgesehene Zug offensichtlich nicht betriebsbereit, Ersatz musste her. Doch die Waggons hatten kein Trinkwasser an Bord und Reservierungen verloren an Gültigkeit. „Da war der Ärger der Fahrgäste vorprogrammiert.“ Das Team der Zugbegleiter habe indes sehr gelassen auf Unmut und Kritik reagiert. „Sehr bewundernswert“, zollt der Bundestagsabgeordnete den Beschäftigten ein dickes Lob.

Seine Aufgaben an den beiden Tagen umfassten in weiten Teil die der Bahnbediensteten. Fahrkarten kontrollieren, Reiseauskünfte erteilen, um zwei Beispiele zu nennen. Wie bereits am Schalter hatten auch hier die Mitarbeiter ihm das notwendige Bahn-ABC in Kürze beigebracht und standen ihm natürlich mit Rat und Tat zur Seite. „Eine sehr anstrengende Aufgabe“, fasst Echeverria seine Eindrücke zusammen.

Sein Praktikum bei der Bahn führte Axel Echeverria (li.) auch ins Wittener Weichenwerk.
Sein Praktikum bei der Bahn führte Axel Echeverria (li.) auch ins Wittener Weichenwerk. © Büro Echeverria

Weshalb die oft gescholtene Bahn mit so massiven Verspätungen zu kämpfen habe, „ist mir unterwegs sehr deutlich geworden“, sagt der Politiker. Wenn ein Zug auf der Strecke auch nur ein paar Minuten länger als vorgesehen braucht, „ist sein Zeitfenster für den nächsten Bahnhof futsch“. Er muss warten. Stattdessen rollen dann Nahverkehr- oder Güterzüge durch, denn auch sie sollen weiterkommen. Nur diese Züge sind, so der Abgeordnete, erheblich langsamer als ein ICE. Der hänge dann quasi auf der Weiterfahrt dahinter, aus wenigen Minuten Verspätung werde schnell eine halbe oder ganze Stunde. Nach Ansicht von Echeverria führt kein Weg mehr daran vorbei: „Die Bahn muss stillgelegte Strecken wiederbeleben, gerade im Ballungsraum Ruhrgebiet.“

Bahnhof in Annen so schnell wie möglich sanieren

Auf den Zustand der Bahnhöfe landauf, landab sei er in der Abschlussrunde mit Bahnvorstand Berthold Huber ebenfalls zu sprechen gekommen, sagt der Parlamentarier. Das Unternehmen wolle Jahr für Jahr 5000 Bahnhöfe sanieren. Annen müsse schnellstmöglich in das Programm aufgenommen werden, betont Echeverria. Der Bahnhof sei verdreckt, für Menschen mit Behinderung fehle ein Aufzug oder eine Rampe. Huber habe zugesagt, sich zu kümmern. Eine Antwort stehe noch aus. „Aber ich werde nachfassen.“

Im Berliner Bahntower trafen Axel Echeverria und sein Fraktionskollege Axel Schäfer mit Bahnvorstand Berthold Huber (li.) zusammen.
Im Berliner Bahntower trafen Axel Echeverria und sein Fraktionskollege Axel Schäfer mit Bahnvorstand Berthold Huber (li.) zusammen. © Büro Echeverria