Witten. Ab September soll das E-Rezept die rosa Zettel in Witten ablösen. Gleich zu Beginn werden aber nur wenige Ärzte mitmachen.
Schon in wenigen Tagen soll in Wittener Arztpraxen und Apotheken der klassische rosa Zettel vom E-Rezept abgelöst werden. Denn in Westfalen-Lippe geht das elektronische Rezept ab 1. September in eine erste Testphase. Die Apotheken in Witten sehen sich bereit. Doch wie viele und welche Ärzte aus Witten schon die neuen digitalen Verschreibungen ausstellen werden, ist bislang unklar. Das neue System sei noch nicht ausgereift, kritisiert ein Apotheker.
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Dabei sollen durch das digital übermittelte Rezept künftig Abläufe für Patienten, Ärzte und Apotheker einfacher werden. Statt des Rezepts auf Papier erhalten Nutzerinnen und Nutzer einen Code aufs Smartphone, mit dem sie in der Apotheke ihr Medikament abholen können. Alternativ kann man sich den Code aber auch in der Arzt-Praxis ausdrucken lassen. Angedacht ist auch, das Rezept auf die elektronische Gesundheitskarte übertragen zu können.
Ärztesprecher zeigt sich abwartend
„Da wird es Reibereien geben“, sagt Wittens Ärztesprecher Dr. Arne Meinshausen. Und meint damit die technische Umsetzung. Ein Grund für ihn, sich mit der Einführung in seiner Praxis im Rathaus der Medizin in Herbede noch Zeit zu lassen. In ganz Westfalen-Lippe nehmen rund 250 Praxen an der Startphase teil. Welche und wie viele es in Witten sind, will die Kassenärztliche Vereinigung (KVWL) aber noch nicht preisgeben. „Es werden wohl nur ganz wenige am 1. September starten, das werden sich wenige antun“, mutmaßt Meinshausen.
Apotheken sind startklar
Die Apotheken in Witten sehen sich hingegen gut aufgestellt und startklar, sagt deren Sprecherin im EN-Kreis, Dorothe Werner. „Wir können das schon seit Jahresbeginn.“ Denn für diesen Zeitpunkt war ursprünglich die Einführung des elektronischen Rezepts geplant, doch wegen technischer Schwierigkeiten musste das Bundesgesundheitsministerium den Start verschieben.
„Ich sehe Digitalisierung immer positiv, gerade in unserem Bereich“ sagt die 39-Jährige. Es vereinfache viele Schritte. Zudem könnten bei einem E-Rezept keine Formfehler, wie etwa fehlende Angaben, vorkommen. „Ganz vereinzelt sind auch schon E-Rezepte bei uns angekommen“, sagt Werner. Die Entwicklung halte sich aber stark in Grenzen. In den letzten Wochen seien insgesamt fünf solcher E-Rezepte eingelöst worden.
Schutz vor Medikamenten-Missbrauch
Kollege Michael Trubitz von der Apotheke am Bodenborn in Bommern hält das E-Rezept ebenfalls für eine gute Sache, ist aber derzeit noch skeptisch. Natürlich – das gehört eigentlich zum Plan – wäre es von Vorteil, wenn der Patient schon beim Arzt sehen könnte, welche Apotheke sein Medikament, wann vorrätig hat. Doch das laufe so noch nicht. Letztlich werde auch das E-Rezept einfach wie sein rosa Vorgänger weiterhin auf Papier ausgedruckt, sogar in größerem Format. „Da das E-Rezept aktuell nur eingeschränkt funktioniert, bedeutet es für Ärzte und Apotheker keine echte Arbeitserleichterung, sondern einen Zusatzaufwand.“ Der Schritt vom Arzt zur Apotheke sei noch der gleiche.
Um das Rezept per App tatsächlich aufs Handy laden zu können, benötige der Patient eine neue Gesundheitskarte mit PIN-Nummer, was derzeit nicht umsetzbar sei. Bei einer Übermittlung per E-Mail sei wiederum der Datenschutzaspekt noch unklar. „Deshalb läuft das alles so schleppend an“, sagt Trubitz. Nicht zuletzt sei der Umgang mit der Hardware für die Apotheken recht kompliziert gestaltet. „Täglich müssen wir uns zum Beispiel neu verifizieren.“ In Schleswig-Holstein, das ebenfalls Modellregion sein sollte, sei die Testphase inzwischen abgesagt worden.
Unterm Strich hält Allgemeinmediziner Meinshausen das E-Rezept jedoch für eine „sinnvolle Sache“. So gebe es mehr Kontrollmöglichkeiten als bei den Papier-Verordnungen. „Es gibt durchaus Patienten, die holen sich bei mehreren Praxen ihre Schmerzmittel ab. Im neuen System wird sowas auffallen.“ Damit sei das E-Rezept aber auch ein Schritt hin zum gläsernen Patienten. Gleichzeitig biete es die Chance, dem Missbrauch von Schmerz- und Betäubungsmitteln vorzubeugen.