Witten. Das Graffiti-Kunstwerk auf dem Humboldtplatz in Witten ist ein Hingucker. Dazu gehört auch eine „Telefonaktion“. Nun ist der Anschluss gestört.

Erst Ende letzten Jahres ist das Projekt „Heimatort Witten“ am Humboldtplatz eingeweiht worden. Dafür war eigens NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach angereist, um zu sehen, wie aus dem Verteilerhaus der Telekom ein Graffiti-Kunstwerk geworden ist. Jetzt ist ein Teil davon schon wieder zerstört worden.

Die drei Telefone am Zaun wurden rausgerissen und beschmiert. Sie waren insbesondere für blinde Menschen gedacht. Nahm man einen der Hörer ab, wurde mehr über das Projekt erzählt. Bei den Verantwortlichen ist die Enttäuschung groß. „Vandalismus ist nicht schön“, sagt Juana Andrisano vom Kulturforum Witten, das das Projekt initiiert hat. Eine Seltenheit aber leider auch nicht. „Es gehört zum Alltag und muss gerade bei Projekten im öffentlichen Raum mitgedacht werden“, sagt die Leiterin des Kulturbüros.

Rückmeldungen zum Projekt in Witten sind weiter positiv

Noch immer bekomme sie positive Rückmeldungen zu dem Projekt. Mitgewirkt haben dort unter anderem Anwohner und Anwohnerinnen des Wiesenviertels, die ihre Ideen eingebracht und das Kunstwerk so mitgestaltet haben. „Viele haben damit gerechnet, dass schon früher was zerstört wird. Eigentlich ist es erfreulich, dass es so lange gehalten hat“, sagt Andrisano mit etwas Galgenhumor.

Auch NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach hat bei ihrem Besuch im Dezember zu den Hörern gegriffen. Das ist jetzt nicht mehr möglich.
Auch NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach hat bei ihrem Besuch im Dezember zu den Hörern gegriffen. Das ist jetzt nicht mehr möglich. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Die Skeptiker fragten sich, ob so ein Projekt überhaupt sinnvoll sei, wenn es irgendwann wieder zerstört werde. „Vielleicht sollte man solche negativen Begleiterscheinungen wie Vandalismus zwischendurch auch mal als Chance zur Weiterentwicklung begreifen“, sagt Andrisano. Aufgeben wolle sie in keinem Fall. „Das wäre enttäuschend und zu kurz gedacht.“

Fassade bleibt unversehrt

Auf die zerstörten Telefonhörer wurde bereits reagiert. Interessierte können sich die Soundinstallation auf der Internetseite des Kulturbüros anhören (www.kulturforum-witten.de/kulturbuero/veranstaltungen-projekte/heimatortwitten/). Da das Projekt allerdings zu 95 Prozent durch Landesmittel gefördert wurde, hat man sich gegen eine Neuinstallation der Telefonapparate entschieden. Immerhin: Die Täter haben die gestaltete Fassade, auf der unter anderem das Rathaus, das Stahlwerk der DEW und die alte Straßenbahn zu sehen sind, in Ruhe gelassen.

Juana Andrisano vom Kulturbüro Witten hat das Projekt initiiert.
Juana Andrisano vom Kulturbüro Witten hat das Projekt initiiert. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Verzichten müssen die Kunstinteressierten aber vor Ort jetzt auf die ein oder andere schöne Geschichte per Telefon. So gab es an Hörer eins etwa Auszüge aus den Interviews mit Bürgern des Wiesenviertel. Sie wurden gefragt, was für sie das Besondere an der Stadt ist. „Witten ist Heimat für mich.“, „Ich mag es, dass Witten ganz klein ist und es jederzeit möglich ist, bekannte Personen zu treffen“, lauteten zwei Aussagen.

Natürlich durfte auch eine Beschreibung der Fassade wie an Hörer zwei nicht fehlen. Wer das dritte Telefon abnahm, bekam Wissenswertes über den Humboldtplatz auf die Ohren und reiste in die Vergangenheit. So erfährt man etwa, dass 1910 eine Witwe, ein Geschäftsführer und ein Dienstmädchen im Humboldtplatz 1 gewohnt haben. Dieses Erlebnis direkt am Zaun des Kunstwerks bleibt jetzt aus. Es soll aber bald ein Schild aufgehängt werden, das zumindest darauf hinweist, das dort mal Telefone installiert waren.