Witten. Der Stromverbrauch in Witten wächst durch E-Autos und Wärmepumpen. Die Stadtwerke wollen Schritt halten. Das sind die Folgen für die Bürger.

Ob E-Autos oder Wärmepumpen: In den nächsten Jahren wächst der Strombedarf in Witten rasant. Die jetzigen Kabel und Trafostationen reichen aber nicht aus. Die Stadtwerke rüsten nach. Das wird teuer.

Neue Kabel in Witten legen und 400 Trafostationen auf Vordermann bringen

Allein für die nächsten fünf Jahre rechnet der heimische Versorger mit rund 60 Millionen Euro. Der Ausbau des Stromnetzes werde aber auch noch danach weitergehen, sagt Rainer Altenbernd, Energieexperte im Unternehmen. Rund 1330 Kilometer sind an Kabeln im Erdreich verbuddelt. Bei rund zwei Drittel handelt es sich um die letzten Meter bis zum Hausanschluss, bei den übrigen um Leitungen, mit denen der Strom durch die Stadt geführt wird. Fest steht ganz klar, so Altenbernd, dass die jetzigen Kapazitäten über kurz oder lang nicht mehr ausreichen.

Da bringt es auch nichts, sagt der Fachmann, wenn zusätzliche Kabel gezogen würden. Es sind insgesamt neue erforderlich. Doch damit allein sind auch noch nicht die Voraussetzungen für die Energiewende geschafft. Die Stadtwerke betreiben rund 400 Trafo- und Umspannstationen, darunter vier große Übernahmeschalthäuser. Überall wird der Strom entsprechend umgewandelt, damit er am Ende die fast 20.000 Hausanschlüsse erreicht. Auch alle diese Knotenpunkte müssen aufgepeppt werden, auch sie werden auf Dauer nicht die Leistung bringen, die der örtliche Energiemarkt erfordert.

Prognose: 2050 rollen rund 58.000 E-Autos durch Witten

Aktuell können Fahrer von E-Autos in Witten 44 Ladepunkte nutzen, 26 sollen in diesem Jahr hinzukommen und bis Ende 2023 wollen die Stadtwerke die 100er-Marke reißen.
Aktuell können Fahrer von E-Autos in Witten 44 Ladepunkte nutzen, 26 sollen in diesem Jahr hinzukommen und bis Ende 2023 wollen die Stadtwerke die 100er-Marke reißen. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Nach und nach nehmen sich die Stadtwerke einzelne Stadtteile vor und sehen sich unterschiedlichen Herausforderungen ausgesetzt. Denn es gibt nun mal gewaltige Unterschiede. Im Umfeld der Station an der Breddeschule stehen viele Mehrfamilienhäuser, aber im Verhältnis ist die Zahl der Hausanschlüsse gering, an denen etwas gemacht werden muss. Ganz anders sieht an der Station am Schneer Weg aus. Dort haben Leitungen große Längen, um zu den vielen einzelnen Häusern in der Vorstadt zu gelangen. Das geht mit erheblich mehr Aufwand einher.

Zu 45 Prozent aus erneuerbaren Energien

Der Strom, den die Stadtwerke liefern, stammt zu 45 Prozent aus erneuerbaren Energien und zu 55 Prozent aus fossilen Brennstoffen, darunter vorwiegend Kohle.

Kunden, die reinen Ökostrom haben wollen (durch Sonne, Wasser und/oder Wind erzeugt) können den von den Stadtwerken ohne Aufpreis bekommen, so das Unternehmen.

Zapf die Sonne an: Mit Photovoltaikanlagen erzeugen Haushalte oder auch Einrichtungen rund fünf Prozent des Strombedarfs. Nach Berechnungen des Versorgers lässt sich im Stadtgebiet aufgrund der jeweiligen Bedingungen vor Ort maximal ein Anteil von 25 Prozent erreichen.

Welche Belastungen das Stromnetz künftig in der Lage sein muss zu stemmen, zeigt Altenbernd an folgenden Zahlen auf: Ende 2021 rollten rund 2100 Elektroautos durch die Stadt, mit dem Aus für Fahrzeuge mit Verbrennermotor, das nach derzeitigen EU-Plänen 2035 kommen soll, dürften es 18.200 sein und bis 2050 sei mit rund 58.000 Wagen zu rechnen. Darüber hinaus verlangt auch der Einsatz von Wärmepumpen Strom. Im vergangenen Jahr waren davon in der Ruhrstadt rund 300 im Betrieb. Von 7030 gehen die Stadtwerke im Jahr 2040 aus und kalkulieren mit rund 9500 in 2050.

Stadtwerke werten eine Flut an Daten aus

Nun müssen die Stadtwerke nicht ins Blaue planen. Ihnen liegen die Daten zu Haushalten vor, die mit einer Wallbox den Stromer in der Garage oder der vor der Haustür aufladen und ebenso weiß der Versorger aufgrund gesetzlicher Vorgaben, in welchen Gebäuden Wärmepumpen ihren Dienst tun. „Wir sammeln alle diese Daten, werten sie aus und entscheiden danach über unser Vorgehen“, erklärt der Energieexperte. Das Unternehmen wolle dafür Sorge tragen, dass der Ausbau des Netzes mit der Entwicklung den Anforderungen an die Strommengen Schritt halte.

Nun können in der Bevölkerung die Bedenken aufkommen, dass das Stadtgebiet bald mit Baustellen übersät ist. Leitungen und Anschlüsse liegen nun mal in der Erde und wenn man an sie ran will, wird es ohne Bodenaushub nicht gehen. Doch da möchte Stadtwerke-Sprecher Mathias Kukla die Bürger beruhigen: „Mit einer Flut an Baustellen ist nicht zu rechnen.“ Der Ausbau sei auf lange Sicht angelegt.