Witten. 900 Beschäftigte der Edelstahlwerke Witten sind am Mittwoch in einen eintägigen Warnstreik getreten. Dafür gehen die Metaller auf die Straße.
Rund 900 Beschäftigte der Deutschen Edelstahlwerke (DEW) haben am Mittwochmorgen (8. Juni) die Arbeit niedergelegt. Beim Protestzug durch die Innenstadt und bei der anschließenden Kundgebung auf dem Rathausplatz verliehen sie der Forderung der IG Metall nach 8,2 Prozent mehr Lohn Nachdruck – lautstark mit Trillerpfeifen und Sprechchören.
Vizechefin der IG Metall spricht in Witten von einem „kraftvollem Signal“
Um kurz vor 9 Uhr stehen die Räder bei DEW still. Aus Hallen und Büros strömen die Beschäftigten zum Treffpunkt am Werkstor 2 an der Gasstraße. Bevor der Protestmarsch beginnt, heißt es aber erst einmal üben.
Ein Metaller ruft ins Megafon: „Was fordern wir?“ Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten. „8,2 Prozent!“ Damit auch alles richtig sitzt, folgen noch ein paar Proben. Deren Erfolg wird unterwegs und auf dem Rathausplatz deutlich hörbar sein.
Nächste Gesprächsrunde
Bei den Deutschen Edelstahlwerken sind rund 1700 Beschäftigte tätig. Neben der Tagschicht beteiligte sich auch eine Reihe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Spätschicht an dem Protest.Für die insgesamt 68.000 Beschäftigten der westdeutschen Stahlindustrie fordert die IG Metall 8,2 Prozent mehr Lohn bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Das Arbeitgeberangebot einer Einmalzahlung von 2100 Euro haben die Verhandlungsführer der Gewerkschaft als unzureichend zurückgewiesen. Die nächste Gesprächsrunde ist für Freitag, 10. Juni, geplant.
„Natürlich ist es eine hohe Forderung. Aber alles wird doch teurer, da müssen auch unsere Löhne steigen“, sagt Mitarbeiter Dennis Peine (39). Er erinnert daran, dass die Beschäftigten der DEW in den vergangenen Jahren erhebliche Einbußen beim Weihnachts- und Urlaubsgeld hingenommen hätten. Nun aber seien aber die Auftragsbücher voll und die „Beschäftigten haben das Anrecht auf eine angemessene Bezahlung“, sagt Kollege Christoph Krylowitz, der auch Vertrauenskörper ist.
„Bei der letzten Tarifvereinbarung blieb es bei einer Einmalzahlung“, sagen zwei andere Mitarbeiter (52 und 40), die beide Familie haben. Jetzt müsse endlich etwas für „die Lohntabelle herumspringen“.
Vizechefin der IG Metall spricht von einem „kraftvollen Signal“
Ganz dieser Meinung ist auch Christiane Benner, Vize-Chefin der IG Metall, die aus der Frankfurter Zentrale angereist ist. „Wir senden hier ein kraftvolles Signal an die Arbeitgeber, dass wir Einmalzahlungen nicht noch einmal hinnehmen werden“, ruft sie der Menge zu. Bislang liege noch kein anderes Angebot auf dem Tisch.
Die Beschäftigten hätten ein Anrecht darauf, an den Gewinnen der Unternehmen angemessen beteiligt zu werden, ruft Benner und bekommt Applaus. An einigen Zahlen verdeutlicht sie die seit dem Ukraine-Krieg massiv gestiegenen Preise in der Stahl- und Metallbranche. Unternehmen könnten die höheren Preise weitergeben, Verbraucher aber nicht.
Dass sich gerade in Witten eine solche große Zahl von Beschäftigten an dem Warnstreik beteiligt, sei von besonderer Bedeutung, hebt Mathias Hillbrandt hervor, zweiter Vorsitzende der IG Metall Ennepe-Ruhr-Wupper und zugleich Mitglied der Verhandlungskommission. Auch ihm ist der Beifall sicher.
„Witten ist eine Stahlstadt und die Stahlkocher zeigen eindrucksvoll, dass sie hinter der aktuellen Lohnforderung stehen“, ruft Hillbrandt. Das Ergebnis sei vor allem auch für die jungen Beschäftigten und Auszubildenden wichtig. Er holt die Azubi-Schar aus der Menge nach vorne, damit auch sie lauthals die Zahl des Tages anstimmen. „8,2 Prozent!“
Alle gemeinsam „Bella ciao“
Als schließlich der DEW-Betriebsratsvorsitzende Burak Bilal auf die Bühne kommt, rufen viele seinen Namen. Er lässt keinen Zweifel daran, „dass wir kampfbereit sind. Wir lassen uns nicht abspeisen“. Falls bei der nächsten Verhandlungsrunde am Freitag kein akzeptables Angebot auf den Tisch komme, „gehen wir auch noch einmal auf die Straße“. Kurz vorher hat Musiker Heiko Fänger mit der gesamten Schar das Partisanenlied „Bella ciao“ geschmettert.