Witten. Den Namen seines Sohnes verrät er nicht. Aber dass er ihn liebt. Künstler Patrick Brehmer hat den Jungen auf einer Hauswand in Witten verewigt.

Wer die Crengeldanzstraße in Richtung Marien-Hospital unterwegs ist, kann jetzt staunen. An einer 15 Meter hohen Hauswand ist in Höhe der Ecke Sandstraße ein Junge zu sehen, der auf seinen Zehenspitzen stehend in schwarzen, großen Buchstaben das Wort „Liebe“ an die Wand pinselt. Eine Arbeit der Wittener Künstler Patrick Brehmer und Konrad Magin, die ihrer Heimatstadt zu mehr Hinguckern und zu viel mehr Farbe verhelfen wollen.

Die unteren Wände der historischen Häuser an der Nordstraße/Ecke Breite Straße hat Patrick Brehmer gemeinsam mit anderen Künstlern in kunterbunte Hingucker verwandelt.
Die unteren Wände der historischen Häuser an der Nordstraße/Ecke Breite Straße hat Patrick Brehmer gemeinsam mit anderen Künstlern in kunterbunte Hingucker verwandelt. © FUNKE Foto Services | Thomas Nitsche

„Ich mag einfach kein Grau“, sagt Brehmer. Der Junge an der Hauswand an der Crengeldanzstraße, das ist sein ältester Sohn. Wie heißt er? Da winkt der Künstler ab, antwortetet stattdessen, er habe dem Elfjährigen ein Geschenk machen wollen. „Weil ich ihn liebe.“

Möglich machte die großformatige Liebeserklärung die Eigentümerin des Mehrfamilienhauses, eine Bekannte von Patrick Brehmer. Sie ließ ihr Gebäude streichen und gab grünes Licht für die Idee, das Kind, das dem Betrachter seinen Rücken zudreht, mit Spraydose und Pinsel auf ihrer Hauswand zu verewigen.

Bremer ist mit seinem Atelier von Steinhausen in die Wittener Goethestraße umgezogen

Eine Woche Arbeit sei das gewesen, sagt Brehmer und fasst sich schmunzelnd an den Schlapphut auf seinem Kopf. Der 36-Jährige hat schon vielen Mauern und Wänden in der Stadt mit der Spraydose in der Hand zu einem neuen Aussehen verholfen. Legale Auftragsarbeiten. So waren die Eigentümer der historischen Häuser auf der Ecke Nordstraße/Breite Straße vor Jahren die Schmierereien an ihren Hauswänden satt. Brehmer und weitere Künstler schufen ein großes, buntes Graffiti. Das zieht sich jetzt über viele Meter an den Fassaden entlang. Zu sehen sind dort auch Figuren, die einst Künstler Janosch schuf - Bär, Maus und Löwe. Die knallbunten Farben an den historischen Gebäuden gefallen nicht jedem. Was jedoch augenfällig ist: Schmierereien an den gestalteten Wänden gibt es nicht mehr.

An der Westfalenstraße, an der langen Wand vor dem Eisenwerk Böhmer, hat Patrick Brehmer (hinten) gemeinsam mit Jonas Heinevetter (vorne), Niklas Doliwa, Choko und Stephan Klippert gearbeitet.
An der Westfalenstraße, an der langen Wand vor dem Eisenwerk Böhmer, hat Patrick Brehmer (hinten) gemeinsam mit Jonas Heinevetter (vorne), Niklas Doliwa, Choko und Stephan Klippert gearbeitet. © FUNKE Foto Services | Thomas Nitsche

2015 hat Patrick Brehmer mit anderen Kreativen zusammen eine 125 Meter lange Wand am Eisenwerk Böhmer in einen Hingucker verwandelt. Gesprayte Szenen aus dem Arbeitsalltag im Annener Werk sind dort seither an der Westfalenstraße zu sehen. Der 36-Jährige ist gelernter Schilderer, wie man früher sagte. „Heute sind das Werbetechniker“, erklärt der Künstler. Er hatte ein Atelier in Bommern, auf Steinhausen, über der dortigen Steinmetz-Werkstatt am Schloss. Mit Steinmetz Christian Kessler hat er auch zwei Jahre zusammengearbeitet.

„Nur Liebe kann die Welt retten“

Jetzt findet man Brehmers Atelier in der Goethestraße. Mit dem Wahl-Wittener Konrad Magin (33), der in Langendreer aufwuchs und Bildhauerei studierte, arbeitet er schon seit 2015 zusammen. Auch in der Coronazeit ist Brehmer nicht untätig. 2020 hat er sich mit weiteren Künstlern wie Choko und Jonas Heinevetter an einem Projekt des Wiesenviertel-Vereins beteiligt - „2 Meter Kunst“ genannt. Im letzten Jahr waren im alten Wartesaal des Herner Bahnhofs Arbeiten von Künstlern der Street-Art-Szene des Ruhrgebiets zu sehen – aufgrund der Pandemielage allerdings nur im Rahmen einer Online-Ausstellung.

In der Poststraße wird es eine Galerie geben

Im August will Patrick Brehmer mitten in Witten, an der Poststraße 12, eine Galerie eröffnen. „Da sollen andere Künstler zu sehen sein“, sagt er. Und fügt schmunzelnd hinzu: „Ich denke, es gibt viele Leute, die Geld und noch weiße Wände haben.“

Im Gebäude an der Poststraße war früher einmal die kleine Bäckerei Buhlmann zu finden, zuletzt war dort ein Tattoostudio.

Patrick Brehmer war der Kurator der Ausstellung mit dem vielsagenden Titel „Leiden Schafft“. Als Künstler machten neben Konrad Magin auch Tony Klicklack, MOC und Choko mit. Brehmer hatte mit Feuerlöschern den Schriftzug „Liebe“ quer über eine wandfüllende Leinwand gesprüht. „Nur Liebe kann die Welt retten, da muss man die Leute dran erinnern“, findet der Vater zweier Söhne. Der Jüngere ist übrigens sechs Jahre alt. Mehr will er nicht verraten.