Witten. Seit 1995 betreut Karin Morales Rios unter dreijährige Kinder in Witten. Die Kita Kieselchen ist ihr Lebenswerk. Wie alles begann und weitergeht.

An diesem Freitag (29.4.) wird sie sich aus ihrer Kita Kieselchen in den Ruhestand verabschieden. Karin Morales Rios hat in Witten Kindergartengeschichte geschrieben. Denn 1998 gründete die heute 66-Jährige zusammen mit vier Eltern den Verein Kieselchen. Die immer noch einzügige Kita in der Röhrchenstraße war die erste, in der in der Stadt Kinder unter drei Jahren betreut wurden.

Dieses vor 24 Jahren außergewöhnliche Angebot führte dazu, dass auch Jungen und Mädchen aus Nachbarstädten das Kieselchen besuchten, erinnert sich Morales Rios an die Anfänge der Elterninitiative. Allein mit einer Praktikantin kümmerte sich die Mutter von zwei Söhnen und einer Tochter damals um die ihnen anvertrauten zehn Jungen und Mädchen.

Alles fing mit einer Kinderbetreuung nach Gottesdiensten am Crengeldanz in Witten an

Lisanne Morales Rios, hier mit Sohn Carlos, übernimmt ab Mai die Leitung der Kita Kieselchen. Sie arbeitet bereits seit 13 Jahren in der Kindertagesstätte.
Lisanne Morales Rios, hier mit Sohn Carlos, übernimmt ab Mai die Leitung der Kita Kieselchen. Sie arbeitet bereits seit 13 Jahren in der Kindertagesstätte. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Die Geschichte der ersten U3-Betreuung in der Stadt habe aber noch vorher begonnen, sagt sie. 1995 hatte die Waldorf-Pädagogin und Erzieherin die Aufgabe einer Frau übernommen, die immer sonntags nach den Gottesdiensten der „Christengemeinschaft“ an der Crengeldanzstraße stundenweise auf kleine Kinder aufpasste. Karin Morales Rios machte daraus eine Spielgruppe - eine Halbtagsbetreuung bis zur Mittagszeit.

1998, nach Gründung des Vereins Kieselchen, zog sie mit ihrer Kindergruppe in die Röhrchenstraße 110 um. In dem Haus lebte sie auch privat mit ihrem Mann und ihren eigenen Kindern.

Ein Haus, in dem sich die kleine Kita entfalten konnte. Karin Morales Rios Mann stammte aus Mexiko. Die Garagentore auf dem fröhlich bunt bemalten Innenhof, auf dem die Ein- bis Dreijährigen prima toben können, zieren noch heute mexikanische Motive. Für ihre Arbeit benötigte Karin Morales Rios viel Mut und Durchhaltevermögen. Denn öffentliche Mittel gab es für ihre Einrichtung, die nach der Waldorfpädagogik arbeitet, damals noch nicht. „Es war nicht leicht, als Selbstständige alles selber finanzieren zu müssen.“ Die Räumlichkeiten in der Röhrchenstraße in der ersten Etage, Spielmaterialien, Mitarbeiter und Inventar mussten bezahlt werden. Ein paar Mal stand das Kieselchen wirtschaftlich fast vor dem Aus.

Wohnung in der Röhrchenstraße wurde zur Kindertagesstätte umgebaut

Das Kieselchen findet man seit 1998 in der Röhrchenstraße 110. Dort wohnte Karin Morales Rios auch viele Jahre gemeinsam mit ihrer Familie.
Das Kieselchen findet man seit 1998 in der Röhrchenstraße 110. Dort wohnte Karin Morales Rios auch viele Jahre gemeinsam mit ihrer Familie. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Erst als am 1. August 2008 in NRW das „Gesetz zur frühen Bildung und Förderung von Kindern“, kurz „KiBiz“, in Kraft trat, gab es endlich auch öffentliche Gelder für U3-Gruppen. Das neue Gesetz bildete die Grundlage für einen verstärkten Ausbau des Betreuungsangebotes für unter dreijährige Kinder im Land. Als Karin Morales Rios eigene Kinder - Pepito, Paul und Lisanne - „flügge“ wurden und auszogen, nutzte ihre Mutter die Gelegenheit und ließ ihre ehemalige Wohnung im Erdgeschoss des Hauses - bezuschusst vom Land - in eine Kindertagesstätte umbauen.

Im Kieselchen in der Röhrchenstraße werden zwölf Kinder im Alter von ein bis drei Jahren von einem Erzieherteam betreut. „Es ist eine Art Großfamilie. Es wird miteinander gelacht, gespielt, gebastelt, gebacken und gekocht“, sagt die Gründerin. Und ihre Tochter Lisanne nickt. Sie ist ebenfalls Erzieherin und arbeitet als solche seit 13 Jahren in der Kita Kieselchen. Auch ihr Sohn Carlos gehört zur Kindergruppe.

Tochter Lisanne ist ab Mai die neue Leiterin der Kita

Ab Mai ist Lisanne Morales Rios die neue Leiterin des Kieselchens. Ihre Mutter wird sich nach 27 Jahren und insgesamt 350 betreuten Kindern in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden. Die Tochter ist stolz, dass sie ihr ihr Lebenswerk anvertraut. Ganz geht die 66-Jährige aber nicht. „Als 450-Euro-Kraft werde ich noch ein wenig mithelfen“, sagt Karin Morales Rios lächelnd, während sie ein paar Kinderaugen anstrahlen.