Witten. Eine Kosmetikerin aus Witten soll einer Frau Botox verabreicht haben. Diese hatte danach gesundheitliche Probleme. Der Fall landete vor Gericht.
Wegen einer misslungenen Botox-Behandlung haben sich zwei Frauen vor dem Landgericht Bochum wiedergesehen. Eine Wittenerin (48) war dort angeklagt wegen Verstoßes gegen das Heilpraktikergesetz. Die Frau war von einer früheren Kundin ihres Kosmetikstudios beschuldigt worden. Die 38-Jährige berichtete vor Gericht, die Betreiberin des Kosmetikstudios habe bei ihr im Juni 2021 eine Faltenunterspritzung vorgenommen - kein Arzt, wie es versprochen worden sei.
Vor dem Amtsgericht Witten war die Angeklagte im Januar 2022 noch mit einem Freispruch davongekommen. Schließlich habe die Kosmetikerin keine Heilkunde ausgeübt, sondern einen kosmetischen Eingriff vorgenommen, so das Wittener Gericht.
Kundin einer Kosmetikerin aus Witten klagte über ein taubes Gesicht
Gegen dieses Urteil hatte die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. In der zweiten Instanz machte die Vorsitzende Richterin jetzt deutlich, dass nicht nur gegen das Heilpraktikergesetz verstoßen worden sein könnte, sondern dass es sich möglicherweise sogar um gefährliche Körperverletzung handele. Die Angeklagte bestritt die Vorwürfe. Der Arzt sei verhindert gewesen und daher sei keine Botox-Behandlung durchgeführt worden.
Die Kundin sagte als Zeugin aus, die Kosmetikerin habe angeboten, die Botox-Spritzen selbst zu geben. Diese soll angeblich auch ein entsprechendes Zertifikat vorgezeigt haben. Nach der Behandlung klagte die Kundin über ein taubes Gesicht, Schmerzen, eine „herabfallende“ Stirn samt Augenbrauen und über betäubte Lippen. Erst nach sechs Wochen habe sie sich wieder besser gefühlt.
Rechtsmediziner hat auf Gefahren von Botox hingewiesen
Dem Gericht präsentierte sie Handyfotos ihres Gesichts. Ein Attest eines Arztes konnte sie nicht vorweisen. Die Strafanzeige stellte sie erst sechs Wochen nach der angeblichen Botox-Behandlung, für die sie 370 Euro in bar bezahlt habe. Insgesamt sei es um 40 Injektionen gegangen, die ihr verabreicht worden seien. Die Angeklagte widersprach vehement. Die Frau, mit der sie sich gestritten habe, wolle sie einfach fertigmachen.
Ein Rechtsmediziner erläuterte die Gefahren von Botox-Unterspritzungen. Nur Heilpraktiker und Ärzte dürften dieses Gift spritzen. Vermutlich sei in diesem Fall zu viel Botox gespritzt worden. Zu solchen Überdosierungen könne es auch bei sachgerechter Anwendung durch Ärzte kommen. Bei jeder Botox-Behandlung sei eine konkrete Gefährdung denkbar.
Staatsanwältin glaubte der Schilderung der Kundin
Auch die Staatsanwältin legte dar, dass eine gefährliche Körperverletzung vorliege. Warum hätte sich die Kundin den Vorfall ausdenken sollen? Das sei nicht glaubwürdig. Da die Angeklagte unter laufender Bewährung handelte und einige Vorstrafen aufweist, forderte die Staatsanwältin eine Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten ohne Bewährung. Der Verteidigter beantragte Freispruch, hilfsweise eine Bewährungsstrafe.
Das Gericht verurteilte die Chefin des Kosmetikstudios wegen gefährlicher Körperverletzung zu einem Jahr Haft auf Bewährung. Es bestehe kein Zweifel, dass sie verbotenerweise die Frau behandelt habe und somit auch die Folgen zu verantworten habe. Die Bewährungshelferin hatte der Angeklagten, die sich wegen einer psychischen Erkrankung in ärztlicher Behandlung befindet, eine positive Sozialprognose gestellt.