Witten. Der 22-jährige Dachdecker Nick Kühne aus Witten hat die Meisterprüfung mit Bestnote bestanden – und das nach einer verkürzten Ausbildung.

Dachdeckermeister mit Bestnote – das hat Nick Kühne aus Witten mit gerade mal 22 Jahren geschafft. Während die meisten seiner Freunde studieren, verbringt Nick seinen Arbeitsalltag auf dem Dach. Obwohl er mächtig stolz auf sich sein kann, wirkt er eher bescheiden.

Eigentlich wollte der Wittener die Prüfung nur bestehen

In schwarzer Zunftkleidung, dicken Lederschuhen und staubigen Hosen sitzt er nach Feierabend auf dem Sofa. Vor ihm liegen sein Meisterbrief und die Urkunde, die ihn als „Bestmeister“ der Handwerkerkammer Dortmund auszeichnet. Der Beste des Jahrgangs 2021 zu werden, hat Nick so nicht geplant. „Mein Ziel war immer, nur zu bestehen“, sagt der junge Wittener.

Die meisten anderen Prüflinge waren bedeutend älter als der 22-Jährige, der die sonst dreijährige Dachdecker-Ausbildung in gerade mal der Hälfte der Zeit absolvierte. „Weil ich Abitur habe und weil meine Zwischenprüfung gut war, durfte ich verkürzen.“ Kurz nach der Ausbildung ging es in die Meisterschule. „Die Theorie ist mir sehr leicht gefallen. Das hatte ich noch von der Ausbildung drin.“ In der Praxis merkte er schon, dass die Älteren mehr Berufserfahrung haben. „Da musste ich dann reinwachsen. Und üben natürlich.“ Es hat sich offenbar gelohnt.

Die Meisterfeier findet nur virtuell statt

Die kann er sich einrahmen: Eine Urkunde bescheinigt Nick Kühne, „Bestmeister“ des Jahrgangs 2021 der Dachdeckerzunft der Handwerkskammer Dortmund zu sein.
Die kann er sich einrahmen: Eine Urkunde bescheinigt Nick Kühne, „Bestmeister“ des Jahrgangs 2021 der Dachdeckerzunft der Handwerkskammer Dortmund zu sein. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

An diesem Samstag (9.4.) steht nun die Meisterfeier der Handwerkskammer an, die virtuell stattfindet. „Das ist eigentlich immer ein großes Ding im Dortmunder Konzerthaus“, sagt der Dachdecker. Wegen der Pandemie kam diesmal nur ein Paket mit Konfettikanone, Prosecco und einer Einladung für eine Party vor dem Laptop. Ein wenig traurig ist der 22-Jährige schon, dass er seinen Erfolg nicht gebührend mit „gratis Bier“ feiern kann. Aber das Leben geht weiter – und Nick hat viel zu tun.

Nach bestandener Prüfung im Dezember folgte der Schritt in die Selbstständigkeit. Er baut gerade seine eigene Firma auf, „NK Dach & Service UG“. Bis nachmittags arbeitet Nick mit seinem Bruder noch für das Familienunternehmen „Ehren-Kühne-Blank Dachkonzepte“. Abends kümmert er sich dann um die Geschäfte seiner eigenen Firma, die ihren Standort neben der Autowerkstatt seiner Eltern „Ortmann Automobile“ an der Liegnitzer Straße in Witten-Annen hat.

Er hatte sich für ein Studium an der Uni Witten/Herdecke beworben

Meister darf eigenen Betrieb gründen

Im praktischen Teil seiner Meisterprüfung musste Dachdecker Nick Kühne unter anderem Ziegel auf einem nachgebauten Dach verlegen. Die Tage vor seinen Prüfungen verbrachte er vor allem damit, das Löten von Dachrinnen zu üben.

Während ein Geselle nach der Ausbildung nur die Möglichkeit hat, fest angestellt in einem Betrieb zu arbeiten, kann ein Meister ein eigenes Unternehmen gründen.

Nick reinigt Dachrinnen, dichtet Garagen ab und repariert Dächer. Zwar wurde es ihm in die Wiege gelegt, Handwerker zu werden. Bruder und Onkel sind Dachdecker, der Vater ist Kfz-Meister. Trotzdem will er auch sein „eigenes Ding machen“. Er hatte nach dem Abitur am Schiller Gymnasium auch über ein Studium nachgedacht. Doch aus der Bewerbung für Philosophie, Politik und Ökonomie an der Uni Witten/Herdecke wurde nichts. „Irgendwie hat es sich auch nicht richtig angefühlt“, sagt der Dachdecker, der sich vorstellen könnte, eines Tages für Hilfsprojekte nach Afrika zu gehen.

Nick ist ein zäher Bursche. Eine große Narbe am Handgelenk erinnert an den Sturz von einer Leiter. Sein Bruder Dennis, in dessen Betrieb er die Lehre machte, stürzte ebenfalls vor einigen Jahren – und saß ein halbes Jahr mit zwei gebrochenen Fersenbeinen im Rollstuhl. Aufgegeben haben beide nicht. Ob selbstständig oder eines Tages in einem gemeinsamen Unternehmen mit seinem Bruder – eines weiß Nick jedenfalls ganz genau: „Ich werde niemals stehen bleiben.“