Witten. Im Zechenhaus Herberholz in Witten kann man bald wieder Kaffee und Kuchen genießen. Wer hätte das nach dem großen Wasserschaden gedacht?

Mitte Juli hatte „Tief Bernd“ zu schweren Wasserschäden im Zechenhaus Herberholz geführt. Heinz und Angelika Eberle, Pächter und Gastgeber in dem denkmalgeschützten Gebäude im Muttental, haben aber nicht aufgegeben.

Ehrenamtliche Helfer und die Pächter krempelten die Ärmel hoch und machten sich an die Arbeit. So wurden die Schäden im Haus und am Mobiliar, unterstützt von Handwerken, nach und nach behoben. Am 10. April, einem Sonntag, soll das Zechenhaus wieder eröffnet werden. Aber nur, wenn an diesem Tag nicht das Muttentalfest stattfindet, betonen die Eberles.

Heinz Eberle im Gastraum des Zechenhauses, in dem Besucher  auch viele Gegenstände und historische Fotos rund ums Thema Bergbau sehen können.
Heinz Eberle im Gastraum des Zechenhauses, in dem Besucher auch viele Gegenstände und historische Fotos rund ums Thema Bergbau sehen können. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Das Stadtmarketing plant das Fest derzeit zu diesem Termin, wie Geschäftsführerin Silvia Nolte bestätigt. Wie genau und mit welchem Programm im Muttental in Coronazeiten gefeiert werden soll, das überlege man noch. Heinz (70) und Angelika Eberle (69) vom Zechenhaus Herberholz wollen sich nicht beteiligen. Bei gutem Wetter strömten zum Fest viele Menschen, viele Familien ins Tal. Um einen solchen Ansturm zu bewältigen, wären die Eberles auf ehrenamtliche, ältere Helfer angewiesen. Und die hätten Angst vor einer Ansteckung mit Corona und ständen deswegen nicht zur Verfügung.

Auch die Küche des Zechenhauses im Wittener Muttental war nicht zu retten

Finde das Muttentalfest am 10. April statt, „dann eröffnen wir halt eine Woche später, zu Ostern“, sagt Heinz Eberle. Er glaubt, dass zur Neueröffnung des 1875 erbauten Zechenhauses viele kommen werden, deren Spenden die Sanierungs- und Renovierungsarbeiten überhaupt möglich machten. Auch der Landesverband NRW der Knappenvereine sowie der Bundesverband spendeten für das historische Gebäude im Muttental.

Angelika Eberle freut sich über ihre neue Second-Hand-Küche aus dem Hammertal. Die alte Küche wurde durch Schlamm und Wasser zerstört.
Angelika Eberle freut sich über ihre neue Second-Hand-Küche aus dem Hammertal. Die alte Küche wurde durch Schlamm und Wasser zerstört. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Die Eberles, die privat in Bochum leben, sind selbst Mitglieder in mehreren Knappenvereinen. Im Zechenhaus und auf dem Außengelände erinnern viele Stücken an die Bergbau-Vergangenheit nicht nur des Muttentals, darunter etwa Bohrmaschinen für den Streckenvortrieb und eine Stube, in der einst Grubenlampen ausgegeben wurden.

Nach dem Unwetter Mitte Juli vergangenen Jahres standen Wasser und Schlamm 80 Zentimeter hoch im Zechenhaus, das der Stadt Witten gehört. Der Muttenbach war im Tal tosend über die Ufer getreten. Der erste Zugang zum Gelände, eine Steinbrücke, wurde hierbei zerstört. Der Bach hatte das Brückenfundament unterspült.

Über einen Bekannten kamen die Eberles preisgünstig an eine gebrauchte Küche, die vorher im Hammertal ihre Dienste tat. Ein Wittener Schreiner wird sie in der kommenden Woche mit neuen Arbeitsplatten versehen. Die alte Küche war aufgrund der Wasserschäden nicht mehr zu retten.

Seine Tische und Stühle hat Heinz Eberle eigenhändig abgeschliffen

Heinz Eberle hat die durchnässten Wände selbst vom alten Putz befreit, ein Maler im Auftrag der Stadt für neue Farbe an den Wänden gesorgt. Aus ihrem Gastraum, in dem sie Kaffee und Kuchen servieren, konnten Eberles Tische und Stühle retten. Ein Elektriker im Ruhestand erneuerte die Leitungen im Haus. Ein Mitglied des Knappenvereins Bochum-Linden-Dahlhausen hat neue Schauvitrinen spendiert, in der bald auch wieder Schnupftabakdosen und Porzellan mit Bergbaumotiven zu sehen sein werden.

Die steinerne Brücke, die über den Muttenbach auf das Ausstellungsgelände des Zechenhauses Herberholz führte, wurde durch das Hochwasser im Juli 2021 zerstört.
Die steinerne Brücke, die über den Muttenbach auf das Ausstellungsgelände des Zechenhauses Herberholz führte, wurde durch das Hochwasser im Juli 2021 zerstört. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Ein Privatmann hat einen neuen, wasserresistenten Fußboden in Holzoptik bezahlt. Seine Holztische und Stühle für die Gäste hat Heinz Eberle eigenhändig abgeschliffen. „Zehn Stühle muss ich noch bearbeiten“, sagt der 70-Jährige. Historische Fotos von Bergleuten, die einst im Muttental Kohle förderten, hängen jetzt an den Wänden im Gastraum, auch eine Sammlung von historischen Grubenlampen ist dort zu sehen. Das alte Zechenhaus erblüht zu neuem Leben.

Bei einem Ortstermin im Tal wurde über den Muttenbach gesprochen

Vor wenigen Wochen haben sich Vertreter der Stadt, der Unteren Wasserbehörde und der Entwässerung Stadt Witten (ESW) mit Anwohnern und Eigentümern im Muttental getroffen. Es wurde darüber gesprochen, wie eine Überflutung durch den Muttenbach künftig verhindert werden kann. Konkrete Maßnahmen wurden noch nicht beschlossen.

Überlegungen zur Sicherung des Muttenbachs

Wie genau verhindert werden soll, dass der Muttenbach bei künftigen Unwettern erneut über die Ufer tritt, ist noch nicht geklärt. Die Entwässerung Stadt Witten (ESW) und die Untere Wasserbehörde würden dabei natürlich einen Bereich betrachten, „der mehr umfasst als nur das direkt Umfeld des Zechenhauses“, sagte Stadtsprecher Jörg Schäfer. Es würden derzeit „Varianten“ erarbeitet, wie der Bach gesichert werden könne. Am 19. September 2021 stand im Muttental das historische Steigerhaus in Flammen, das wenige Meter entfernt vom Zechenhaus Herberholz stand. Die Ruine soll abgerissen werden. Ein Termin steht dafür noch nicht fest, so die Stadt.

Eberles sagen, dass das Bett des Muttenbachs an ihrem Zechengelände stellenweise zu eng sei. Eine zweite Überschwemmung könnten sie nicht mehr verkraften. In einem solchen Fall müssten sie sich schweren Herzens als Gastgeber aus dem Muttental verabschieden.