Witten. Die Teststrategie an Grundschulen in Witten verunsichert Kinder, stresst Eltern und Lehrer. Sie beklagen nicht nur den enorm hohen Zeitaufwand.
Auch zwei Wochen nach der Anordnung des Ministeriums läuft noch längst nicht alles rund in den Wittener Grundschulen. Dass Kinder in der Schule nachgetestet werden sollen, wenn ein Lolli-Pooltest positiv ausgefallen ist, beschert den Kollegien extrem viel Arbeit. Eltern reagieren verunsichert. „Und für die Kinder ist es nicht schön, sich ständig testen zu müssen im Bewusstsein, positiv sein zu können“, sagt Grundschulsprecherin Dörthe Diefenbruch.
Hüllberg- und Bruchschule hatten sofort entschieden, bei einem positiven Pool kein Kind mehr in die Schule zu lassen, das keinen negativen Test vorweisen kann. „Inzwischen haben alle Schulen einen Weg gefunden, alles wie gefordert umzusetzen“, so Diefenbruch. Natürlich sei es für ein Kollegium einfacher sowie für Kinder und Eltern entspannter, wenn sie möglichst im häuslichen Umfeld ein positives Ergebnis erfahren, appelliert sie. Gleichzeitig lobt sie die Eltern. „Die meisten sind sehr fürsorglich und bemüht, uns zu unterstützen.“
Wittener Mutter: Tägliche Zitterpartie
„Man muss jeden Tag neu zittern, ob das Kind in die Schule kann“, sagt eine Mutter. Auch ihr Sohn sei schon mehrfach zusätzlich getestet worden. Finde der Test in der Schule statt, gehe dafür ja meistens die erste Unterrichtsstunde drauf. Sie würde gern mal Schulministerin Gebauer gegenüberstehen, um ihr die Meinung zu sagen. Denn sie vermisse vorausschauende Handlungsschritte oder überhaupt nachvollziehbare Maßnahmen.
Zwei große Probleme beim Testen würden nach wie vor zusätzlich Nerven kosten, so Grundschulsprecherin Diefenbruch. „Das Material ist nicht kindgerecht.“ Die Fläschchen mit der Pufferlösung seien so fest zugedreht, dass Kinder sie nicht allein öffnen könnten. Außerdem würde das Labor Rollen schicken mit einzelnen Etiketten sämtlicher 200 Kindernamen plus Extra-Aufkleber für die entscheidenden Pooltests. „Bei unserer zweizügigen Schule muss ich also acht Mal runterrollen und die Etiketten rausschneiden“, erklärt Diefenbruch, die die Pferdebachschule leitet. „Eine dreizügige Schule rollt noch länger.“
Grundschulsprecherin kritisiert Labore
Dies alles koste unfassbar viel Zeit. „Wir könnten wirklich Assistenzkräfte gebrauchen, die sich nur um den Laborkram kümmern.“ Was sie ärgert: „Die Labore werden bezahlt und bringen schlechte Leistung.“ Bei der Hotline sei niemand zu erreichen. Marion Tigges-Haar, Rektorin der Hellwegschule, kennt das Problem: „Warum schickt das Labor eine Rolle mit 300 Etiketten, wenn ich nur 18 brauche?“ Diese auseinander zu sortieren dauere manchmal eine Stunde.
Dazu komme die Zeit, die sie mit den Pooltests verbringt. Denn wenn Eltern nicht am Tag nach dem positiven Pool um 8.15 Uhr einen Bürgertest abliefern würden, wofür sie sehr dankbar wäre, dann macht Tigges-Haar (64) das selbst. „Um die Kollegen zu schützen.“ Die betreffenden Kinder kommen dann mit Abstand in die Aula.
Schulleiterin: Mache eigentlich nur noch Corona
Letzten Donnerstag seien von fünf Pools vier positiv gewesen. „Eine belastende Situation.“ Freitag hätte sie also vier Klassen testen müssen. Da habe sie am Abend zuvor in ihrer Verzweiflung die Schulrätin angerufen und abgesprochen, dass zwei der Klassen zunächst zuhause bleiben können. An diesem Dienstagmorgen (8.2.) hat sie zwei positive Pools getestet. Dauer: 40 Minuten, die die Rektorin für die Kinder möglichst spielerisch gestaltet.
„Ich mache eigentlich nur noch Corona“, sagt Tigges-Haar. „Das Schulleben ist so eingeschränkt, dass es mir jeden Tag für die Kinder leidtut.“ Weil Ansteckungen vermutlich beim Schwimmunterricht passiert seien, habe sie den jetzt auch noch abgesagt – wieder ein Spaß weniger für die Jungen und Mädchen.