Hattingen/Witten. Im Prozess gegen den Besitzer von Autowerkstätten in Hattingen und Witten hat jetzt ein Fahnder ausgesagt und von fingierten Unfällen berichtet.

Im Prozess um bandenmäßigen Betrug gegen einen 55-jährigen Mann aus Hattingen hat das Landgericht Bochum am Freitag einen Kripobeamten vernommen. Der Kommissar hatte gegen den Mann ermittelt, der verschiedene Kfz-Werkstätten in Witten und Hattingen betrieben hat. Der 55-Jährige soll sich im Tatzeitraum zwischen 2013 und 2018 mit anderen Personen zu einer Bande zusammengeschlossen haben, um eine Vielzahl von Betrügereien zu Lasten von Kfz-Versicherungen zu begehen.

Die Anklage lautet auf gewerbs- und bandenmäßigen Betrug sowie Steuerhinterziehung. Allein der entstandene Steuerschaden wird mit 120.000 Euro beziffert. Zuletzt hatte der 55-Jährige einen Mittäter belastet. Auch nach nunmehr 15 Verhandlungstagen ist ein Ende des Prozesses nicht abzusehen. Möglicherweise könnte nach Einschätzung von Prozessbeobachtern im Februar mit einem Urteil im Fall des in Untersuchungshaft sitzenden Mannes gerechnet werden.

Betrügereien in Werkstätten in Hattingen und Witten

Ausgangspunkt der Ermittlungen war eine Geldwäsche-Verdachtsanzeige einer Bank. Später wurde auch die Steuerfahndung eingeschaltet und die Fahnder hörten Telefone der Tatverdächtigen ab. So war es in den Werkstätten des Angeklagten offenbar üblich, Scheibentönungen am Fahrzeug umsonst zu bekommen, wenn dafür mit der Versicherung ein Tausch der Frontscheibe abgerechnet wurde. Außerdem soll es beim Scheibenaustausch zu Cashback-Zahlungen an die Kunden gekommen sein.

Zudem, so ergaben die Ermittlungen, wurden wohl Verkehrsunfälle fingiert. Auffällig häufig waren die selben Personen und Autos betroffen und auch die Unfallschilderungen ähnlich. So fuhr der Angeklagte selbst im August 2018 in Hattingen gegen einen Baum, weil er angeblich einem Reh ausweichen musste. Ein Foto des verunfallten Autos mit den gemeldeten Schäden war allerdings schon zwei Monate vorher per Handy versandt worden, das berichtete der Kommissar im Zeugenstand.

Zweiter Unfall endet am selben Baum

Am selben Baum endete ein weiterer Unfall, bei dem das Auto sogar auf dem Dach landete. Aus der Telefonüberwachung hatte sich zuvor ergeben, dass das Leasingfahrzeug „weg“ sollte. Das angebliche Unfallopfer rief den Angeklagten direkt danach aus dem kopfüber liegenden Fahrzeug an. Mögliche Verletzungen des Fahrers waren in dem Gespräch nie ein Thema, fiel den Kripobeamten auf.

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Da konnte die Fahnder auch der Umstand, dass mutmaßliche Mitglieder der Bande zwar Autos besaßen, aber finanziell dazu gar nicht in der Lage waren und keinen Führerschein hatten, nicht erstaunen. Die Versicherungsbeiträge und die Kfz-Steuer für diese Schein-Halter sollen der Angeklagte und ein Komplize bezahlt haben. Mit diesen Autos ereigneten sich zahlreiche Unfälle, teils beim Einparken oder in anderen Verkehrssituationen. Der Prozess wird Ende Januar fortgesetzt.