Witten. Es ist keine leichte Reise, die Monika Segelbacher vor sich hat. Die Wittener Ärztin fliegt nach Togo, um dort Gefängnisinsassen zu behandeln.

Die Lebensbedingungen in vielen Gefängnissen Afrikas sind erschreckend: Hoffnungslos überbelegt, fehlt es in den Haftanstalten nicht nur an der notwendigen Hygiene, um die Menschen hinter Gittern vor Krankheiten zu bewahren, auch einen Arzt für die Inhaftierten gibt es in der Regel nicht. Am Samstag (6.11.) macht sich nun ein ehrenamtliches Einsatzteam der Hilfsorganisation humedica auf den Weg nach Togo in Westafrika, um dort zwei Wochen lang Gefängnisinsassen zu behandeln. Mit dabei: Dr. Monika Segelbacher, Leitende Oberärztin im Marien-Hospital Witten.

Es ist nicht ihr erster freiwilliger Einsatz in einem Krisengebiet. Zweimal zwar die 43-Jährige schon in den Flüchtlingscamps auf Lesbos, einmal in Jordanien. Nun also Afrika. Was bringt sie dazu, ihre Urlaubstage für das Projekt zu opfern? „Ganz einfach: Mein Anliegen ist es, die Menschen dort zu unterstützen“, sagt die Internistin. „Ich glaube, dass es wichtig ist, ihnen Halt und Hilfe zu geben.“ So ein Einsatz sei für sie auch immer wieder „sehr erdend“ nach der Arbeit in der Klinik.

Wittener Ärztin hat ein mehrtägiges Einsatztraining absolviert

Die Wittenerin geht nicht unvorbereitet auf die große Reise. Schon vor einiger Zeit hat sie ein Einsatztraining absolviert, bei dem vieles durchgespielt wurde, was beim Einsatz passieren könnte. Militär- oder Polizeikontrollen, tropische Krankheiten, aggressive Patienten. „Das war eine gute Vorbereitung für die möglichen mentalen Herausforderungen“, so Segelbacher. Aber sie sei ja auch nicht alleine, sondern im Team mit sechs oder sieben Kollegen unterwegs. „Außerdem können wir auf die guten Strukturen und lange Erfahrung von humedica bei solchen Einsätzen zurückgreifen.“

Die Lebensbedingungen in den Gefängnissen in Togo sind erschreckend. Dr. Monika Segelbacher aus Witten will den Inhaftierten dort helfen.
Die Lebensbedingungen in den Gefängnissen in Togo sind erschreckend. Dr. Monika Segelbacher aus Witten will den Inhaftierten dort helfen. © humedica

Trotzdem ist sie ein wenig nervös vor der Abreise am Samstag. „Ich bin extrem neugierig, sehr dankbar, dass ich das machen darf, sehr gespannt, was wir erleben, voller Vorfreude – habe aber auch eine große Portion Respekt vor der Aufgabe.“ Etwas Sorge bereitet ihr der Gedanke, irgendwo in Togo weitab von der Zivilisation zu stranden oder Ausschreitungen zu erleben. „Aber das ist unwahrscheinlich – das Land ist vergleichsweise ruhig.“

„Jeder Mensch hat ein Anrecht auf medizinische Versorgung“

Mit Respekt geht sie auch an die medizinische Versorgung der Patienten. Dass sie es dabei mit Straftätern zu tun bekommt, ist ihr hingegen gleichgültig. „Denn ich bin der Meinung, dass jeder Mensch ein Anrecht auf medizinische Versorgung hat.“ Das sei aber in Afrika so nicht gegeben. „Und gerade die Menschen, die aus welchen Gründen auch immer isoliert hinter Gittern leben müssen, dürfen nicht vergessen werden.“

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Humanitäre Hilfe in aller Welt

Die Organisation humedica e.V. leistet seit 1979 humanitäre Hilfe in aller Welt. Ziel der Nichtregierungsorganisation (NGO) aus Kaufbeuren ist es, Menschen zur Seite zu stehen, die durch Katastrophen oder strukturelle Armut in Not geraten sind. humedica setzt auf sein weltweites Partnernetzwerk und einen großen Pool ehrenamtlicher Einsatzkräfte. Der Schwerpunkt der Hilfe liegt in den Bereichen Medizin und Bildung.

humedica ist ständiges Mitglied des „Koordinierungsausschusses Humanitäre Hilfe“ am Auswärtigen Amt und wurde 2018 von der Weltgesundheitsorganisation WHO als „Emergency Medical Team“ zertifiziert. Rund 60 hauptamtliche Mitarbeiter sowie hunderte ehrenamtliche Helfer setzen sich im Verein für die Belange von Menschen in Not ein. Weitere Standorte sind Sri Lanka, Indien, Brasilien und Äthiopien.

Verständigen wird sie sich mit ihnen vermutlich vor allem auf Französisch, der Amtssprache in Togo. Segelbacher spricht es bislang nur ein wenig. „Aber seit ich vor eineinhalb Monaten die Zusage für den Einsatz bekommen habe, trainiere ich jeden Tag zehn Minuten Vokabeln“, so die Wittenerin schmunzelnd. Mit im Gepäck wird sie allerdings nicht nur ein Wörterbuch, sondern auch eine Menge Müsliriegel haben – denn für die Veganerin wird die Ernährung in Togo vermutlich eine Herausforderung werden.

+++Alle Entwicklungen rund um Corona in Witten in unserem lokalen Newsblog+++

Um was ist mit Corona? „In Togo sind die Vorgaben sehr streng“, sagt die Fachärztin für Pneumologie. Auch sie selbst muss sich noch mehrmals testen lassen, bevor sie ins Land darf. Sind auch die letzten Abstriche negativ, kann es losgehen. Wohin sie in diesem Urlaub gefahren wäre, wenn es mit Togo nicht geklappt hätte: „Nach Bosnien in ein Flüchtlingscamp.“ Um auch dort die Welt ein bisschen besser zu machen.