Witten. Eine Bienenseuche ist in Breckerfeld ausgebrochen. Kreisimker Martin Halberstadt erklärt, was das für die Bienen in Witten bedeutet.
Sorge bei Imkern im EN-Kreis: In Breckerfeld ist die Amerikanische Faulbrut ausgebrochen. Die aggressive Bienenseuche, die auch Bösartige Faulbrut genannt wird, vernichtet den Nachwuchs der Bienenvölker. Wie groß die Gefahr ist, dass die Krankheit auch nach Witten kommt und warum die Bienen auch ohne Infektion schon im Mai fast verhungert wären, berichtet der Vorsitzende des Kreisimkervereins Martin Halberstadt (62) im Interview.
Faulbrut in Breckerfeld: Hat diese Meldung Sie sehr erschreckt?
Martin Halberstadt: Ja, schon. Bis jetzt hatten wir mit der Faulbrut ja immer Glück, der letzte Ausbruch im Kreis war, glaube ich, im Jahr 2012. Mit der Gefahr leben wir ja schon lange, die Seuche ist sehr widerstandsfähig. Aber jetzt, wenn sie uns so nahe kommt, müssen wir noch mal sorgfältiger hinschauen. Mein Appell an alle Imker in Witten ist, jetzt die Augen verschärft offen zu halten.
Und was sehen die Imker dann? Wie erkennt man die Seuche?
Das Bakterium wird auf die Brut im Stock übertragen. In den Larven vermehrt sich der Erreger und tötet den Nachwuchs. Ein Merkmal ist, dass die Zellen mit dem Bienennachwuchs nicht geöffnet werden. In den Zellen findet man dann nur eine zersetzte Made, eine zähe Masse. Aber das baut sich ganz langsam auf, eine Variante braucht ein bis zwei Jahre, die andere noch länger. Mit regelmäßigen Monitoringproben, bei der eine bestimmte Zahl von Bienenvölkern auf Faulbrut-Sporen untersucht wird, kann ein Befall aber frühzeitig festgestellt werden.
Wie verbreitet sich die Seuche denn eigentlich?
Es gibt verschiedene Wege. Zum einen räumen gesunde Bienen befallene, schwache Völker aus und stecken sich so an. Eine Gefahr lauert aber auch in nicht ausgespülten Honiggläsern im Müll. Wenn sie Faulbrut-Sporen enthalten, tragen die Bienen, die dort gesammelt haben, die Krankheit in ihren Stock. Deswegen meine dringende Bitte an Honig-Esser, ihre leeren Gläser gründlich zu spülen oder zu verschließen, bevor sie in den Müll wandern.
Die Krankheit ist im Honig? Ist das nicht gefährlich für den Menschen?
Nein, keine Sorge. Für den Menschen ist die Faulbrut kein Problem. Der Honig ist verzehr- und verkehrsfähig.
Und falls meine Bienenvölker betroffen sind, was dann?
Die Seuche ist meldepflichtig. Es wird ein Sperrbezirk von einem Kilometer Umkreis eingerichtet, in dem die Bienen nicht bewegt und umgesetzt werden dürfen. Außerdem untersucht das Veterinäramt die Stöcke im Sperrbezirk. Deswegen ist es auch so wichtig, dass alle Imker ihre Bienen beim Amt und der Seuchenkasse anmelden. Das Amt hat bei einem solchen Ausbruch viel zu tun, das kann sich nicht noch auf die Suche nach den Bienen machen.
Haben Sie denn den Eindruck, dass das viele nicht tun?
Ach wissen Sie, wir haben so einen Boom bei den Imkern. Vor ein paar Jahren dachten wir noch, die Imkerei stirbt aus. 2010 waren wir noch 25 Leute im Verein Witten-Wetter, jetzt sind wir 90, zusammen mit Herbede sind es 150. Plus die Menschen in den vielen Imker-Anfängerkursen – da kann es schon mal Lücken beim Melden geben.
Anlass zur Sorge
Der Faulbrut-Sperrbezirk in Breckerfeld wurde nordwestlich vom Ortszentrum eingerichtet. Wer innerhalb des Sperrbezirks Bienen besitzt, für den gelten nach Angaben des Veterinäramtes einige Auflagen. So ist es verboten, bewegliche Bienenstände von ihren Standorten abzutransportieren und lebende oder tote Bienen, Waben, Wabenteile, Wachs, Honig oder benutzte Geräte aus den Bienenständen zu entfernen.
„Obwohl der Ennepe-Ruhr-Kreis jetzt längere Zeit von der Amerikanischen Faulbrut verschont geblieben ist, gibt diese Seuche grundsätzlich Anlass zur Sorge“, sagt Amtstierärztin Dr. Bettina Buck. Alle Imker sollten daher einen Blick auf die Waben ihrer Völker werfen und auf Anzeichen einer Faulbrutinfektion achten.
Ein Imker-Boom in Witten. Heißt das, den Honigbienen in der Stadt geht es gut?
Nein, nicht unbedingt. Nach der ewig dauernden Kälte im Frühjahr ist die erste Honigernte im Jahr bei uns allen fast komplett ausgefallen. Wir mussten im Mai, in dem sonst alles blüht, sogar aufpassen, dass uns die Bienen nicht verhungern – sie hatten ja nur drei oder vier Flugtage. Mit der Sommertracht sind wir jetzt gerade noch so hingekommen. Dank der Linde, mit der sind wir hier ja zum Glück reichlich gesegnet.
Wenn die Bienen hungern, liegt das auch an der Sorten-Verarmung in der Landwirtschaft?
Ach, die Honigbienen sind da recht robust. Denen reicht ein großes Rapsfeld. Aber die Wildbienen und viele Hummeln, die sind Spezialisten. Wenn die keine Nahrung finden, dann sterben sie aus. Das ist ein großes Problem.
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Aber das Bewusstsein dafür in der Bevölkerung ist doch gewachsen oder?
Ja, das ist auch gut. Aber ich bin enttäuscht, dass im Großen nicht umgesteuert wird. Anstatt den Anteil ökologischer Landwirtschaft zu erhöhen, wurde die EU-Förderung für Monokulturen jetzt gerade wieder für sieben weitere Jahre festgelegt. Und in diesem Hamsterrad sind viele Landwirte leider gefangen.