Witten. Im letzten Jahr standen die Edelstahlwerke Witten kurz vor dem Aus. Nun geht es aufwärts. Seit diesem Monat gibt es keine Kurzarbeit mehr.

Die in der Corona-Pandemie stark gebeutelte Stahlindustrie erholt sich langsam wieder. Das spürt man auch bei den Deutschen Edelstahlwerken in Witten, die im vergangenen Jahr ums Überleben gekämpft haben. Seit diesem Monat sei daher keine Kurzarbeit mehr geplant, sagt Holger Lorek von der IG Metall.

Das sei auch auf den bevorstehenden Sommerstillstand zurückzuführen. Ausschlaggebend ist aber auch die gestiegene Nachfrage auf Kundenseite. „Die Entwicklung im Automotivbereich hat sich tatsächlich wesentlich verbessert, auch im Rostfrei- und Werkzeugstahl ist der Auftragseingang gestiegen“, so Lorek.

Muttergesellschaft von DEW in Witten schreibt wieder schwarze Zahlen

Die Muttergesellschaft der DEW, die Swiss Steel Group, verzeichnete von Januar bis März eine im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stark gesteigerte Nachfrage aus der Automobilindustrie. Die Absatzmenge sei dadurch um 11,6 Prozent gestiegen, heißt es in einer Mitteilung des Konzerns. Der Spezialstahlhersteller hat im ersten Quartal 2021 auch wieder schwarze Zahlen geschrieben – erstmals seit zwei Jahren.

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Für die ersten Monate des Jahres meldet Swiss Steel ein Betriebsergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) von 44,5 Millionen Euro – gegenüber einem Minus von 6,1 Millionen Euro von Januar bis März 2020. Unterm Strich bleiben 4,8 Millionen Euro Gewinn übrig – vor einem Jahr stand hier noch ein Verlust von 42,3 Millionen.

Kosteneinsparungen durch Verzicht der Mitarbeiter

Neben dem stark verbesserten wirtschaftlichen Umfeld haben nach Angaben des Unternehmens die „Kosteneinspareffekte aus unserem Transformationsprogramm maßgeblich hierzu beigetragen“ – auch durch das Einsparprogramm in Deutschland. Im Januar hatte sich die Geschäftsführung der Deutschen Edelstahlwerke mit der IG Metall auf einen Restrukturierungstarifvertrag geeinigt. Dieser sieht vor, dass die Mitarbeiter der DEW bis Ende 2022 einen Beitrag von 39 Millionen Euro leisten, 13 Millionen pro Jahr.

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Dafür verzichten die Beschäftigten auf ihr Urlaubsgeld und die Hälfte des Weihnachtsgeldes. In Rahmen eines Sozialplans sollen zudem bis zu 400 Stellen abgebaut werden. Insgesamt müssen die Edelstahlwerke ihre Kosten bis 2025 nach eigenen Angaben um 100 Millionen Euro senken – der gesamte Mutterkonzern um 300 Millionen.

Gewerkschafter blickt positiv in die Zukunft

Das Management von Swiss Steel rechnet mit einem operativen Gewinn von 100 Millionen Euro für das laufende Jahr – auch wenn die Nachfrageerholung aufgrund der fortdauernden Effekte der Covid-19-Pandemie weiterhin mit Unsicherheiten behaftet sei. „Obwohl die Lage angespannt ist, blicken wir positiv in die Zukunft“, sagt Gewerkschafter Holger Lorek, bei der IG Metall Unternehmensbeauftragter der Edelstahlwerke. „Das Restrukturierungsprogramm macht gute Fortschritte, der Auftragseingang normalisiert sich, geplante Einsparungen könnten realisiert werden.“ Für die vor rund einem Jahr beantragte Landesbürgschaft über 50 Millionen Euro sei aber nach wie vor keine endgültige Entscheidung absehbar.

Sparprogramm soll ausgeweitet werden

Der Mutterkonzern Swiss Steel hat das Jahr 2020 mit einem Verlust von 310 Millionen Euro abgeschlossen, 2019 waren es sogar 521 Millionen. Von den noch 9950 Beschäftigten (Vorjahr: 10.318) sind knapp 4000 an den deutschen Standorten beschäftigt. Neben Witten sind das Hattingen, Krefeld, Hagen und Siegen.

Wegen der großen Verluste soll das Sparprogramm nun wohl bis mindestens 2025 ausgeweitet werden. Das Management sieht Potenzial, weitere Personalkosten in der gesamten Gruppe einzusparen – weitere 62 Millionen Euro. Dabei gehe es auch darum, weitere „Überkapazitäten“ abzubauen, unter anderem bei DEW.

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Wie es in Zukunft mit der DEW weitergeht, könnte nun aber auch von einem neuem Player abhängen. 306 Millionen Aktien und damit auch rund zehn Prozent der Stimmrechte bei Swiss Steel haben unlängst den Besitzer gewechselt. Der Großaktionär Martin Haefner hat diese an einen anderen Investor (Peter Spuhler, PCS Holding AG) verkauft. Bisher hatte Haefner mit seiner BigPoint Holding knapp über 50 Prozent der Aktien gehalten.