Witten. Überraschung im Ausschuss: Der Stadtbaurat in Witten hat den Beschluss über neue Wohnbauflächen von der Tagesordnung genommen. Es geht ums Klima.

Der Beschluss über die Entwicklung neuer Wohnbauflächen in Witten ist jetzt im Ausschuss für Umwelt und Stadtentwicklung überraschend von der Tagesordnung genommen worden.

Eigentlich sollte die Verwaltung beauftragt werden, die weiteren Schritte für die Entwicklung der möglichen Flächen voranzutreiben. Doch Stadtbaurat Stefan Rommelfanger legt die Vorlage vorerst auf Eis. Grund: Die Klimafolgen für die Bebauung der einzelnen Areale sollten stärker betrachtet werden. Deshalb müsse die vorgelegte Studie, in der mögliche Baugebiete ausgewiesen werden, nachgeschärft werden.

Insgesamt weist die Untersuchung 47 Hektar Bauland aus, auf 18 Flächen könnte kurzfristig gebaut werden, heißt es. Dazu gehören etwa das umstrittene Gebiet am Zaunkönig auf dem Sonnenschein und auch die sechs Hektar große Fläche in Bommern hinter der Feuerwache. Auch sie sollen unter Klima-Gesichtspunkten neu bewertet werden. Dazu muss die Studie, genauer: die Wohnbauflächenpotenzialanalyse, noch einmal bearbeitet werden. Rommelfanger: „Ich denke, in etwa sechs Monaten können wir sie dann neu vorlegen.“

Braucht Witten 1500 neue Wohneinheiten?

Ein Vorgehen, dass nicht bei allen Parteien auf Zustimmung stieß. „Wenn wir es ernst meinen mit dem Klima, dann ist die ganze Studie für die Tonne – da lässt sich auch nichts mehr nachschärfen“, so Michael Hasenkamp vom „Stadtklima“. Zugleich zweifelte er den in der Vorlage ausgewiesenen Bedarf von 1500 neuen Wohneinheiten in Witten an. Angesichts des Bevölkerungsrückgangs sei ihm diese Zahl schleierhaft. Statt neu zu bauen sollten lieber leerstehende Gewerbeflächen – wie etwa der Kaufhof – als Wohnraum genutzt werden.

Stadtbaurat Rommelfanger wies diese Kritik zurück. Der Bedarf sei methodisch gründlich ermittelt und beschlossen worden, die Stellen dafür im Flächennutzungsplan schon lange ausgewiesen. „Wir müssen neu bauen.“ Bei der Nachbearbeitung gehe es jetzt nur darum, dem Klima eine höhere Gewichtung zu geben. „Aber Flächen jetzt zurückzunehmen, das halte ich für völlig falsch!“

„Es geht hier auch um die Verlässlichkeit der Stadt“

Angesichts dieser neuen Entwicklung wollten die Grünen – unterstützt von den Linken – auch die Beschlüsse zu den neuen Wohngebieten an der Hörder Straße/Stockumer Bruch und der Waldstraße/Buchenholz vorerst kippen und auf die nachbearbeitete Studie warten. Allerdings vergeblich – ihr Antrag wurde abgelehnt, die Vorlagen beschlossen. „Es geht hier auch um unsere Verlässlichkeit als Stadt“, erklärte Julian Fennhahn von der CDU sein Nein.

Und noch bei einem anderen Punkt ging es im Ausschuss ums Klima: Die SPD wollte von der Verwaltung wissen, was es mit dem Wäldchen in Annen auf sich habe, das für das neue „Bildungsquartier Annen“ weichen muss. Planungsamtsleiter Sebastian Paulsberg erklärte, die wilde Vegetation sei zwar ein Biotop, aber nicht von herausragender Bedeutung Es gebe auch keine schützenswerten Arten dort. Mit den Initiatoren der Bürgerinitiative „Rettet unseren Urwald“ sei die Stadt im Gespräch.

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Aber er machte auch klar: Die Fläche dort werde für den Neubau von Sporthalle und Schule gebraucht, das sei der am besten geeignete Standort. Große Bäume aus dem Wäldchen sollen aber in den neuen Park, der dort entsteht, übernommen werden. Rommelfanger: „Wir werden dann eine höhere ökologische Qualität haben als heute.“