Witten. Die Fahrschulen in Witten dürfen nach einer Zwangspause wieder unterrichten. Abstand kann im Auto aber niemand halten. Wie das Fahrlehrer sehen.

Beim Corona-Gipfel der Bundeskanzlerin am 3. März mit den Länderchefs wurde eine Verlängerung des Lockdowns bis zum 28. März beschlossen. Zu denen, die Montag (8.3.) wieder öffnen durften, gehörten neben Buchhandlungen und Friseuren auch die Fahrschulen. Die Wittener Fahrlehrer freuen sich – wie ihre Kollegen andernorts - über diese Entscheidung. Einer von ihnen, Fahrlehrer Jan Musiol, sagt aber auch: „Das Risiko, sich mit Corona anzustecken, fährt immer mit.“

Musiol, Chef der Fahrschule Schäfer, gehören drei Fahrschulen - an der Johannisstraße, in Bommern und in Wetter. Nach dem Corona-Gipfel in der vergangenen Woche hatte er zunächst den Eindruck, dass jeder Fahrschüler, bevor er in den Fahrschulwagen steigt, einen aktuellen Corona-Schnelltest vorweisen müsse. „Auch zahlreiche Fahrschüler fragten bei mir nach, wie das denn gehen solle.“ Der Fahrlehrerverband Westfalen stellte in einem Schreiben an seine Mitglieder schnell klar: Eine tagesaktuelle Testung sei nach der aktuellen Corona-Schutzverordnung nicht vorgeschrieben. Bei der praktischen Ausbildung und Prüfung sei jedoch mindestens eine FFP2-Maske zu tragen.

Chef der Fahrschule Schäfer in Witten: „Die jungen Leute wollen den Führerschein machen. Wir können uns vor Anmeldungen nicht retten.“

Fahrlehrer Friedrich Zanke (li.), hier mit Schüler Leon Wandhoff, freut sich über viele Neuanmeldungen in seinen Fahrschulen.
Fahrlehrer Friedrich Zanke (li.), hier mit Schüler Leon Wandhoff, freut sich über viele Neuanmeldungen in seinen Fahrschulen. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Nur die Handbremse trennt Schüler und Lehrer im Fahrschulwagen. Jan Musiol und seine Schüler schützen sich im Auto mit FFP2-Masken und Handschuhen sowie möglichst viel Frischluftzufuhr. Dass so ein Auto dennoch für ganz viel Nähe sorgt, ein Ort ist, an dem kein Abstand eingehalten werden kann, bespricht der 44-jährige Fahrschullehrer mit seinen Schülern. „Die jungen Leute wollen den Führerschein machen. Wir können uns vor Anmeldungen nicht retten.“ Musiol vertraut darauf, dass seine Fahrschüler ehrlich sind, zuhause bleiben, wenn es ihnen gesundheitlich nicht gutgeht oder sie Kontakt zu einem Corona-Infizierten hatten.

Ein tagesaktueller Schnelltest für seine Schüler, „wäre nicht so verkehrt gewesen“, findet er. Allerdings seien natürlich auch Schnelltests nur eine Momentaufnahme und auch die Selbsttests für zuhause garantierten keine 100-prozentige Sicherheit. Allerdings, so findet Musiol, bestehe die Gefahr, dass sich Menschen nach einem solchen Test in falscher Sicherheit wähnten.

Fahrschulen im Land mussten seit Mitte Dezember weitgehend geschlossen bleiben

Fahrlehrer Bruno Büschke hat Probleme, Prüfungstermine für seine Schüler beim TÜV zu bekommen.
Fahrlehrer Bruno Büschke hat Probleme, Prüfungstermine für seine Schüler beim TÜV zu bekommen. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Bruno Büschke, der zwei Fahrschulen an der Crengeldanzstraße und in Langendreer betreibt, ist froh, dass er von seinen Schülern keinen tagesaktuellen Corona-Schnelltest verlangen muss. „Das würde nicht funktionieren“, meint der 63-Jährige. Würde ein Fahrschüler sich selbst testen, sei außerdem nicht garantiert, dass er dies richtig mache und dass der verwendete Test auch entsprechend aussagekräftig sei.

Das Risiko, sich unter Umständen mit Corona anzustecken, bestehe nicht nur im Fahrschulwagen, sondern überall dort, wo Menschen nahe beisammen seien - „zum Beispiel beim Einkaufen im Supermarkt“. Bruno Büschke: „Wir Fahrschulen haben aber den Vorteil, dass wir wissen, wer zu welchem Zeitpunkt neben uns im Wagen saß.“

Auch bei Büschke wollen viele auch in Corona-Zeiten Fahrstunden nehmen. Der Fahrlehrer hat Probleme, Prüfungstermine beim TÜV zu bekommen. „Offenbar gibt es dort zu wenig Prüfpersonal.“ Dies führe leider oft zu Frust bei Fahrschülern und Eltern.

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Die Fahrschulen in NRW mussten aufgrund der Pandemie-Lage seit Mitte Dezember weitgehend geschlossen bleiben. Nur wer den Führerschein zur Ausübung des Berufes benötigt oder zum Zeitpunkt der Schließung schon eine gewisse Anzahl an Fahrstunden hatte, durfte weiter unterrichtet werden. Friedrich Zanke ist als Chef von zwei Wittener Fahrschulen froh, dass sein normaler Betrieb wieder anlaufen kann. „Seit diesem Montag habe ich jede Menge Neuanmeldungen von Schülern“, freut sich Zanke, der drei Fahrschullehrer beschäftigt, die in den vergangenen Wochen in Kurzarbeit waren.

71-jähriger Fahrschullehrer hat vor Corona Respekt, aber keine Angst

Schüler haben im Mittel 28 bis 36 Fahrstunden

In Witten gibt es rund 16 Fahrschulen, die zum Teil auch Zweigstellen haben, so Kornelia Richter, Unterbezirksleiterin für Witten im Fahrlehrerverband Westfalen. Ein Führerschein fürs Auto koste im Schnitt zwischen 1800 und 2400 Euro, sagt Fahrlehrer Bruno Büschke. „Die Schüler haben zwischen 28 und 36 Fahrstunden.“

Friedel Thiele, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Westfalen, ist sehr zufrieden mit der Wiedereröffnung der Fahrschulen: „Es wurde höchste Zeit.“

Die Ausbildung der Fahrschüler müsse gut geplant werden, betont der Fahrlehrer, der auch erlebt, dass es nicht so leicht ist, Termine bei den Prüfern vom TÜV zu bekommen. Wie auch seine Kollegen Jan Musiol und Bruno Büschke bietet Zanke den Theorieunterricht in Präsenz an - mit dem notwendigen Sicherheitsabstand. „Wir haben nummerierte Sitzplätze und wissen so immer, wer wo zu welcher Zeit gesessen hat.“ Seinen Beruf in Corona-Zeiten aufgeben? Da schüttelt der 71-Jährige energisch den Kopf. Er habe vor Corona Respekt, aber keine Angst, sagt er. „Ich bin über 40 Jahre Fahrlehrer in Witten. Der Beruf macht mir Spaß und die Schüler halten mich jung!“

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