Witten. . Die Pandemie macht keinen Halt vorm Fest. Doch wie werden die Feiertage schön und sicher? Drei Familien erzählen, was sie geplant haben.
Für Sandra Wöran ändert sich in diesem Jahr gar nicht so viel durch Corona. Weihnachten feiert die keine Familie schon seit drei Jahren etwas anders als viele andere – nämlich „ganz romantisch im Wohnmobil“, sagt die 45-Jährige. An den Festtagen fahren sie dann zu Verwandten. Auf dem Tisch im fahrbaren Wohnzimmer steht ein kleiner Weihnachtsbaum, geschmückt mit extra kleinen Kugeln.
Wittenerin feiert Weihnachten im Wohnmobil
Auch Muttertag und Vatertag haben Sandra Wöran, ihr Mann und ihre achtjährige Tochter im Corona-Jahr im Wohnmobil verbracht. Dort haben sie das Fleisch zubereitet, die Schwiegermutter im Haus die Spätzle. „Das Essen haben wir dann aufgeteilt“, sagt Sandra Wöran, gegessen haben sie getrennt. Sie wollen besonders achtsam sein, denn: „Mein Schwiegervater hat eine schwere Lungenkrankheit“, begründet Wöran ihre Vorsicht.
Darum steht für sie auch eins fest: „Wir werden die Wohnung an Weihnachten nicht betreten.“ Dabei ist der Schwiegervater an Weihnachten wahrscheinlich gar nicht zu Hause. Er muss ins Krankenhaus. Vorsichtig wollen Sandra Wöran und ihre Familie trotzdem sein. In der Werkstatt der Schwiegereltern wollen sie „mit zwei Meter Abstand die Geschenke übergeben und vielleicht noch eine Kerze anzünden“. Danach geht es zurück in die schützenden Wohnmobilwände.
Den Vater seit Beginn der Pandemie nicht mehr getroffen
Das Weihnachtsmenü soll es in diesem Jahr to go geben. Wohnmobil-Dinner gibt es auch in Baden-Württemberg, wo die Wittenerin mit ihrer Familie wohnt. Ihren Vater in Witten-Annen hat sie seit Beginn der Pandemie nicht mehr getroffen. Eigentlich war im Sommer ein Besuch geplant, „aber dann sind die Zahlen in NRW dermaßen gestiegen“, sagt Sandra Wöran. Die Reise in die Heimat haben sie gestrichen. „Aber wir telefonieren alle zwei bis drei Tage“, ergänzt sie. Obwohl ihr Vater über 70 ist, klappt das sogar mit Video. „Mein Vater beißt sich da rein“, sagt die gelernte Netzwerk- und Systemadministratorin.
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Anders haben es Lena Lindemann und ihre Familie geplant. „Keiner sollte alleine feiern müssen“, findet die 30-Jährige, betont aber auch: „Alle sollten darüber nachdenken, wie sie feiern, denn es ist eine besondere Situation.“ Ihre Familie will Weihnachten wie in den vergangenen Jahren auch in größerer Runde feiern. Ein paar Personen werden allerdings fehlen. Allein 2020 sind zwei Großelternteile gestorben. „Das Jahr reicht jetzt so langsam“, sagt Lena Lindemann.
Für die Oma ist es das erste Weihnachten alleine
Für die Oma ist es also das erste Weihnachten alleine. Für sie sei das okay, habe die 82-Jährige gesagt. Doch Lena Lindemann möchte ihre Oma nicht einsam sehen an den Festtagen. „Ich habe sie ein bisschen überredet“, gesteht die 30-Jährige. Nun will die Großmutter immerhin für ein paar Stunden zu Bescherung und gemeinsamem Essen nach Heven kommen.
Doch „große Umarmungen wird es dieses Jahr nicht geben“, betont Lena Lindemann. Sie wollen viel lüften, häufig die Räume wechseln, an einer langen Tafel Raclette machen. Mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater wohnen Lena Lindemann, Mann Andy und Sohn Paul unter einem Dach. Zur Tante, im Haus gegenüber, besteht ohnehin viel Kontakt. Sie passt oft auf den vierjährigen Paul auf, wenn seine Eltern arbeiten müssen.
Statt in die Kirche geht es auf den Friedhof
Alle haben ihre Kontakte reduziert. Doch Lena Lindemann, die in der Tagespflege arbeitet, weiß: Selbst wenn niemand Symptome zeigt, „eine letzte Sicherheit hat man nicht“. Darum geht es dieses Weihnachten auch nicht mit der Familie zu ihrem Vater nach Bottrop. Auch in die Kirche wird die Familie in diesem Jahr nicht gehen. Stattdessen besuchen sie die beiden Opas und einen Onkel auf dem Friedhof. Sohn Paul möchte ein Bild aufs Grab legen.
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Auch Yvonne Niemann hat Weihnachten in den vergangenen Jahren eigentlich immer im größeren Kreis gefeiert: mit Sohn, Freund, Schwägerin, Schwager, Neffe, Schwiegermutter und Vater. Acht Personen unter einem Dach. „Im Endeffekt sind wir ein Haushalt“, sagt die 45-Jährige. Doch dieses Jahr ist alles anders. „Im ersten Lockdown ist der Opa gestorben“, sagt Yvonne Niemann traurig. Sechs Wochen lang habe keiner zu ihm gedurft. Erst am Tag, als er starb, habe sein Sohn ihn noch einmal besuchen können.
Geschenke werden mit Abstand überreicht
„Oma hat ein bisschen Angst“, sagt die Wittenerin. Darum verbringen sie die Festtage im Corona-Jahr getrennt in ihren Wohnungen im Dreifamilienhaus in Heven. „Heiligabend haben wir immer zusammen gefeiert. Das fällt jetzt aus. Am Ersten Weihnachtstag waren wir bei meinen Eltern. Das fällt auch aus.“ Bloß am Zweiten Weihnachtsfeiertag wollen sie zu dritt zur Oma unten im Haus und die Geschenke überreichen. Vor der Tür und mit Abstand. „Wir wollen einfach die Oma auch schützen“, sagt Niemann, die als Reinigungskraft in einer Kita arbeitet. „Wir wollen sie noch etwas länger haben.“
Auch ihre große Tochter wird Yvonne Niemann dieses Weihnachtsfest nicht treffen. Die 25-Jährige arbeitet in einem Krankenhaus in Duisburg und hatte sich dort bereits mit dem Coronavirus infiziert. Die Krankheit hat sie überwunden, die Vorsicht ist geblieben. „Mama, sei mir nicht böse, aber ich komme nicht“, hat sie zu Niemann gesagt. Und die versteht das. Dank Videotelefonie könne man sich ja zumindest sehen. Und für sie steht eine Frage über allem: „Was ist ein Jahr gegen ein Leben?“