Witten. Homeschooling und Skypen mit Oma: In der Pandemie sind digitale Medien nützlich. Doch wann ist man abhängig? Eine Beraterin aus Witten klärt auf.

Für das Motto der Suchtwoche, die am Montag (16.11.) in Witten und im gesamten EN-Kreis startet, hatten sich die Veranstalter schon vor Corona entschieden. Es geht um „Medienkompetenz – Mediensucht“. „Dieses Thema hat durch die Pandemie zusätzliche Bedeutung erhalten“, schreiben Andrea Latusek (Awo) und Miriam Starsinski (Caritas) in ihrem Vorwort zum Programm der Aktionstage.

Die Studie der DAK „Gaming, Social-Media & Corona (2020)“ komme zu dem Schluss, dass die Nutzungszeiten von Kindern und Jugendlichen für soziale Medien und für digitale Spiele werktags um 75 Prozent gestiegen sind. An die Stelle des Unterrichts und der Freizeitaktivitäten seien die Beschäftigung mit und durch digitale Medien getreten.

Suchthilfe Witten unterstützt bei Medienabhängigkeit

Mediennutzung habe durchaus auch positive Aspekte, so Latusek und Starsinski, die in Beratungs- und Suchthilfezentren im Kreis arbeiten. Digitale Medien hätten Homeschooling ermöglicht. Auch soziale Kontakte könne man übers Netz pflegen, wenn ein persönliches Treffen unmöglich ist. „Gleichzeitig machen wir uns Sorgen um die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, die in dieser Zeit einen Großteil des Tages in der virtuellen Realität verbracht haben.“ Die Frage sei: Wird die Nutzung von PC, Tablet und Handy wieder sinken oder hat sich Gewöhnung eingestellt, die sich vielleicht zur Sucht steigert?

Suchthilfe bietet Mediensprechstunde

Die Aktionstage „Sucht hat immer eine Geschichte“ finden vom 16. bis 20. November in allen Städten des Kreises statt. Dazu gehört auch ein Schreibwettbewerb für Schüler zum Thema: „Neues aus der Insta-Welt“. Einsendeschluss: 30. November. Das Programm der Suchtwoche gibt es unter www.caritas-en.de und www.awo-en.de.

Die Sucht- und Drogenhilfe der Diakonie Mark-Ruhr, Röhrchenstraße 10, bietet eine offene Mediensprechstunde an. Interessierte können sich melden unter 91484-50/31 .

Natürlich können sich Betroffene und Angehörige auch an die Beratungsstelle wenden, wenn es um andere Suchtprobleme geht. „Gerade in der Pandemie, wenn wir mehr Zeit miteinander verbringen, treten Krankheitsbilder deutlicher hervor“, so Leiterin Heike Malz.

Hier könnten Beratungsangebote wie das der Sucht- und Drogenhilfe der Diakonie Mark-Ruhr in Witten die richtige Anlaufstelle sein. Sozialarbeiterin Jana Mehring hat das Thema dort zu ihrem Schwerpunkt gemacht. Sie weiß: „Mediensucht ist weit verbreitet in allen Altersgruppen, wird aber als Sucht noch nicht so wahrgenommen.“ Immerhin werde der Begriff ab 2022 erstmals im Krankheitsregister gelistet, Mediensucht also als Krankheit anerkannt. „Das schafft mehr Sicherheit für Betroffene und Behandelnde.“

Mediensucht kann Rückenschmerzen aber auch Rückzug von Freunden bewirken

Die Sucht- und Drogenhilfe hat sogar eine Mediensprechstunde eingerichtet, an die sich auch Angehörige wenden können, wenn sie glauben, ein Familienmitglied sitze zu viel am Rechner oder hänge stundenlang bei Netflix-Serien ab. „Es gibt verschiedene pathologische Formen der Krankheit“, sagt Jana Mehring. Auch die zwanghafte Nutzung sozialer Medien – Instagram, WhatsApp, Facebook – gehöre dazu.

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Immer da, wo sich die Abhängigkeit auf den Alltag auswirke, sei Vorsicht geboten, warnt die Beraterin. Körperliche, soziale und psychische Probleme können die Folge exzessiver Medien-Nutzung sein: Rückenschmerzen, Augenbeschwerden, Schlafmangel oder Übergewicht, aber auch Rückzug aus dem Freundeskreis oder der Verlust des Arbeitsplatzes.

Abhängige müssen maßvollen Umgang mit Medien wieder lernen

„Es gibt kein Patentrezept, was man dagegen tun kann“, sagt Mehring. „Seine oder die Sucht des Partners oder Kindes zu erkennen und zu akzeptieren, sei wichtig.“ Dann könne man versuchen, den richtigen Umgang mit den Medien wieder zu lernen. Dem widmet sich auch die Suchtwoche, die allerdings wegen Corona in abgespeckter Form und mit mehr Online-Angeboten stattfindet – natürlich nur in Maßen.

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