Witten. Julia Schaub aus Witten und Danny Seck hatten sich in Ischgl mit Corona infiziert. Vier Wochen lebten sie in Quarantäne. Wie geht es ihnen heute?
Von den fast 100.000 Einwohnern Wittens haben sich bislang 226 mit dem Coronavirus infiziert. Einen Covid-19-Patienten zu kennen, ist also schon rein statistisch gesehen etwas Besonderes. Die Herbederin Julia Schaub und ihr Freund Danny Seck zählten im März zu den ersten hiesigen Corona-Erkrankten.
Noch heute werden die damaligen Ischgl-Rückkehrer auf ihre Infektion angesprochen – man fragt sie nach dem Krankheitsverlauf, der Ansteckung und wie es ihnen jetzt, ein halbes Jahr später, geht. Und immer wieder hören sie: „Endlich trifft man mal jemanden, der das hatte.“
Wochenlang habe sie nichts geschmeckt. Nun kommt der Geschmack zurück, phasenweise mehr oder weniger intensiv und dazu oft „anders“.„Einige Gerichte oder Zutaten schmecken nicht wie früher“, erzählt die 33-Jährige. „Oder ich denke: Was riecht hier so furchtbar? Und stelle fest, dass es mein Parfum ist.“
Ischgl-Urlauberin aus Witten: „Wir sind wahrlich keine Après-Ski-Hasen“
Julia Schaub und Danny Seck haben sich während des Skiurlaubs im österreichischen Ischgl angesteckt – zu einer Zeit, als noch niemand etwas von dem Corona-Hotspot ahnte. „nur Einzelfälle in Österreich waren bis dahin bekannt“, erinnern sich die beiden.
Eine Woche waren Sie dort ab Ende Februar. „Wir sind wahrlich keine Après-Ski-Hasen“, sagt Julia. Aber natürlich habe man in einer Kneipe ein Bier getrunken. Morgens ging es mit bis zu 20 Personen in der Gondel hoch zu den Skipisten. Ca.15 Minuten habe die Fahrt auf den Berg gedauert, ein kleiner Raum mit vielen Menschen und ohne rechte Belüftung.
Keine Krankheitsanzeichen: Arbeit und Familienbesuch
Am Abend nach der Rückkehr habe sie etwa fünf Minuten lang Schüttelfrost gehabt. Ansonsten: Keine Anzeichen. Beide gehen wieder arbeiten, Julia besucht ihre Familie und bringt Schinken und Käse aus Österreich mit. Zwei Tage später beginnen die Symptome mit trockenem Hals und Reizhusten. Sie fühlt sich aber sonst fit.
Leichte Erkältungssymptome nach einem Skiurlaub wären auch nicht ungewöhnlich, erzählt Julia. Sie rief ihren Hausarzt an, dieser verwies auf die Corona- Hotline. Lange braucht es, bis sie jemanden am Telefon hat. Dazu die Antwort: „Lassen Sie sich ein paar Tage krankschreiben und kurieren Sie sich aus.“ Wenige Stunden später erfolgt der Rückruf – Ischgl ist zum Risikogebiet erklärt worden und sie stehe ab sofort unter Quarantäne.
Vier Wochen Warten auf 40 Quadratmetern
Das „mobile Abstrichmobil“ des EN-Kreises wird Julia Schaub vorbeigeschickt. Die Abstrichutensilien werden ihr von einer Sanitäterin vor der Haustür abgestellt und Julia führt den Abstrich selbst durch. Auf den Befund wartet sie vier Tage. Ihr Freund weiß da längst, dass er infiziert ist.
Letztlich verbringt Julia Schaub fast vier Wochen in ihrer 40-qm-Wohnung. Der Reizhusten und der trockene Hals wollen einfach nicht weggehen. Familie und Freunde versorgen sie mit dem Wichtigsten. „Das Highlight des Tages war, wenn uns Lebensmittel gebracht wurden.“ Die „viele Zeit“ treibt sie sogar soweit, die Fliegengitter der Fenster zu waschen. Richtig krank fühlte sie sich glücklicherweise nie.
Neben dem Husten bekommt sie einen Hautausschlag an Armen und Oberschenkeln. Ihr Hausarzt sagt, dass dies wohl eine allergische Reaktion auf das Virus ist. Medikamente wie z.B. Kopfschmerztabletten muss das Paar nicht nehmen.
Corona-Antikörper helfen nun anderen
Vielleicht können Julia Schaub und Danny Seck sogar anderen Corona-Opfern helfen. Denn die Antikörper in ihrem Blut sind ein wertvolles Gut.
Auf Anraten einer Ärztin waren die 33-Jährige und ihr 40-jähriger Freund bereits zwei Mal zur Plasmaspende im Blutspendezentrum Dortmund. Ihre Antikörper werden zum einen von Wissenschaftlern untersucht. Zum anderen wird ihre Spende an Menschen weitergegeben, für die das Coronavirus eine tödliche Gefahr darstellt.
Corona-Paar hat niemanden angesteckt
Obwohl beide große Angst hatten, haben beide niemanden angesteckt. Weder die Familie noch die Kollegen am Arbeitsplatz bekommen das Virus. „Ein Glück! Viele waren verunsichert und sehr besorgt.“
Wie bewertet jemand mit einem doch recht glimpflichen Krankheitsverlauf die Corona-Maßnahmen? „Abstandsregeln und Mundschutz sind sehr hilfreich“, sagt die Herbederin. „Das Maskentragen erinnert einen auch daran sich nicht ständig unbewusst ins Gesicht zu fassen.“ Der Mundschutz mache einem immer bewusst, dass man weiterhin Acht geben müsse. Einen Bekannten aus Ischgl hat es sehr schwer getroffen: Er musste lange intensivmedizinisch betreut und beatmet werden. „Es war nicht klar, ob er es übersteht“, sagt Julia Schaub. Ihr Appell: „Unterschätzt das Virus nicht, haltet euch an die Maßnahmen und schützt damit euch und andere“.
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