Witten. Heute glänzt auf Autos der Lack, vor 40 Jahren sah dies anders aus: Die Wittener verzierten manches Heck mit Autoaufklebern. Erinnern Sie sich?

Autoaufkleber kamen in den 70er Jahren in Mode und klebten als Information („Baby an Bord“) oder als frecher Gag („Turnierkrokodile“) hinten auf dem Lack des Hecks vom eigenen Fahrzeug. Der bekannteste Sticker war und ist der gelb-rote Klassiker „Atomkraft? Nein danke“. Auch in Witten gab es vor 40 und 30 Jahren diese Hafties, die man nicht mehr vom Blech abbekommt. Erinnern Sie sich an diese Modelle?

Als Witten 1975 seine Selbstständigkeit verlor und zum Ennepe-Ruhr-Kreis kam, änderte sich auch das Nummernschild der Pkw. „WIT“ war passé und wurde ersetzt durch die Buchstabenfolge „EN“. Aber die ganz Heimatbewussten klebten dann links neben das Kennzeichen einen Aufkleber mit dem Namen ihrer Stadt, um sich von Schwelm bewusst abzusetzen.

Parteien, Vereine, Firmen verschenkten die Aufkleber als Werbemittel

Den bekanntesten Schriftzug, nämlich „pro Witten“, produzierte dabei die Wäscherei und Reinigung „macatis“ aus der Wiesenstraße. Der I-Punkt im Wort Witten war eine bunte Pril-Blume. Einen ganz eigenen hatte der ehemalige Dritte-Welt- und Buchladen in der Wideystraße entworfen – mit einer grünen Leseschnecke. Genauso grün mit einem drei-blättrigem Kleeblatt warb der Irish Pub „Limmericks“ nahe der Augustastraße um Gäste.

Parteien, Firmen, Schulen und Vereine wollten dabei sein und verschenkten die neuen, meist runden klebenden Werbemittel an ihre Mitglieder und Kunden. Sie stehen für den damaligen Meinungs- und Werbestil der Bundesrepublik, sind ein kleines Stück Wittener Stadtgeschichte und erzählen dazu noch deren Hintergründe. Einige schöne Exemplare sind in unserer Collage zu sehen:

Wittener Saalbau gönnte sich einen eigenen Aufkleber

Leider gibt es diesen Aufkleber nicht mehr: Dabei gilt das Motto „Witten – hier fühl ich mich wohl“ heute noch.
Leider gibt es diesen Aufkleber nicht mehr: Dabei gilt das Motto „Witten – hier fühl ich mich wohl“ heute noch. © Michael Winkler

Obere Reihe, von links: „Witten – Stadt der Stahlkocher“ steht für den schmerzhaften Personalabbau des Edelstahlwerks - ein Existenzkampf, der heute noch anhält. „Witten – natürlich“ war ein offizieller Aufkleber der Stadt mit stilisiertem Himmel, Hügeln und der Ruhr, allerdings auch mit dem damals unbeliebten W-Logo. Als die erste große Arbeitslosenwelle Witten erreichte, wurde die WALZE gegründet. Anfangs war das Arbeitslosenzentrum auf dem Gelände der Stadtwerke untergebracht.

Untere Reihe, von links: Vor 45 Jahren wurde der Städtische Saalbau im September eröffnet. Zehn Jahre später gönnte sich der kommunale Kulturtempel ebenfalls einen Aufkleber mit seinem raffinierten S-Logo. Der Krefelder Appell als Protest gegen die Nato-Nachrüstung bekam als Konsequenz Anfang der 80er auch hier einen lokalen Sticker: Die Ruhrstadt ist zum Glück bis heute atomwaffenfrei geblieben.

Seit 2012 gibt’s wieder das WIT-Kennzeichen

Ab dem 14. November 2012 konnten wieder Kennzeichen mit dem Kürzel WIT an die Fahrzeuge geschraubt werden. 1975 war es mit der letzten Gebietsreform in Nordrhein-Westfalen und der damit verbundenen Aufnahme der bis dahin kreisfreien Stadt Witten in den Ennepe-Ruhr-Kreis abgeschafft worden.

Prof. Ralf Bochert von der Hochschule Heilbronn hatte das Thema bundesweit ins Rollen gebracht. Mit wissenschaftlichen Untersuchungsergebnissen untermauerte er die von vielen Bürgern seit Jahrzehnten formuliere Forderung, so genannte Altkennzeichen wieder einzuführen. WIT für Witten, WAT für Wattenscheid oder auch CAS für Castrop-Rauxel sollten wieder möglich werden.

Bereits am ersten Ausgabetag hatten sich gut 1.500 Bürger das Kennzeichen reservieren lassen. In Witten sind inzwischen vier von zehn Fahrzeugen mit diesem Kürzel unterwegs.

Ganz rechts daneben befinden sich zwei kleine Aufkleber - eher für ein Notizbuch oder den Terminkalender gedacht als für die Hecktür: Oben verspricht der Barber Shop aus der Oststraße „frisiert, gewinnen Sie“ und darunter wirbt ein Fantasie-Wesen für das damalige Knöterich-Tonstudio in Annen.

Auch interessant