Witten. In Witten hängen mehr Wahlplakate denn je: Das liegt an der hohen Zahl der Bewerber und hat Taktik - die bildgewaltige Außendarstellung.
Seit Anfang August ist Witten bunter als sonst – die Wahlplakate hängen. Es sind mehr denn je. Diesen Eindruck bestätigt Wahlamtsleiter Michael Muhr: Das liege an der gestiegenen Zahl an Bürgermeisterkandidaten und Parteien, die sich bekannt machen möchten. Zudem werden erstmals fünf Wahlen an einem Termin entschieden. Und: In kontaktlosen Corona-Zeiten setzen manche Parteien verstärkt auf bildgewaltige Außendarstellung.
Nehmen wir die Meesmannstraße in Herbede: An fast jedem Laternenmast hängt ein Plakat mit schön fotografierten Menschen oder markigen, aber mitunter austauschbaren Sprüchen. Gleich mehrere Parteien wollen bezahlbaren Wohnraum schaffen, in Bildung und Familienfreundlichkeit investieren, die Wirtschaft stärken. Hinzu kommen die Großplakate an den Hauptverkehrsstraßen.
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Diese Vielzahl spiegelt wider, dass die Wittener bei dieser Kommunalwahl auch mehr Auswahl haben. Neun Bürgermeisterkandidaten gibt es, bei den vorherigen Wahlen waren es vier bis sechs. Es haben auch Parteien plakatiert, die in der Ruhrstadt bislang keine Rolle spielten und jetzt für das erstmal zu wählende Ruhr-Parlament antreten. „Man merkt, dass manche Parteien voll auf Plakate setzen“, sagt Michael Muhr. Andere hätten dagegen kein einziges Plakat gehängt.
Wittener SPD: „Wir möchten diese Materialschlacht nicht mitmachen“
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Die SPD fährt in diesem Wahlkampf eine neue Strategie und hat die Zahl der Plakate um 40 Prozent gegenüber den Wahlen 2014 und 2015 reduziert. Ein Grund sei die Nachhaltigkeit. „Wir können nicht Umweltschutz predigen und andererseits diese Materialschlacht an jeder Laterne mitmachen“, so der Stadtverbandsvorsitzende Axel Echeverria. Zudem stellt er den Erfolg der Plakatwerbung infrage. „Die nervt die Menschen eher. Argumente kommen besser an als schöne bearbeitete Bilder.“ Stattdessen hat die Partei den Wahlkampf stärker ins Internet verlagert. 500 Plakate gibt es insgesamt. Neben Aufstellern zu Bürgermeisterkandidatin Sonja Leidemann zeigt die SPD eine kleinformatige Serie zum Thema Familienfreundlichkeit. „Kopfplakate“ der Kandidaten fehlen – 2014 wurden noch alle 25 Direktkandidaten präsentiert.
Wo Parteien in Witten plakatieren dürfen
Wahlplakatierung ist in Witten sechs Wochen vor der jeweiligen Wahl zulässig. Die jeweilige Partei muss dafür bei der Stadt einen Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis stellen.
Grundsätzlich darf im gesamten Stadtgebiet plakatiert werden. Für die großformatige Wahlwerbung (sogenannte Wesselmann-Aufsteller und Banner) werden vorhandene Grünflächen zugeteilt, wobei die Parteien vorab in einem Antrag ihre Wünsche mitteilen. Die Zahl der kleinformatigen Plakate ist frei. Sie dürfen aber nicht an Pfosten von Verkehrsschildern und an Ampeln angebracht werden. Es müssen zudem 15 Meter Abstand von Einmündungen, Kreuzungen und Kreisverkehren eingehalten werden.
In den letzten Tagen sind bereits Plakate der CDU und der WBG in Witten zerstört worden.
Genau auf diese setzt die CDU. 1000 Plakate, so Stadtverbandschef Ulrich Oberste-Padtberg, werden die Christdemokraten in Witten hängen, erstmalig auch die Konterfeis der Direktkandidaten. „Mehr Personen, weniger Themenplakate“, so Oberste-Padtberg. Diese Entscheidung fiel schon vor der Coronazeit, bereits im Februar hätte es die Fototermine gegeben. Nur den persönliche Wahlkampf, etwa Hausbesuche, werde die Partei nun „runterfahren“.
WBG verzichtete 2014 auf Plakate - und büßte Stimmen ein
Besonders fallen die vielen Plakate der WBG/Freien Wähler auf. 2014 hatte die Wählergemeinschaft auf Plakatierung verzichtet und das eingesparte Geld, gut 4000 Euro, an wohltätige Zwecke gespendet. „Das Wahlergebnis hat gezeigt: Das war ein Fehler“, so Hans-Peter Müller. Nun also der umgekehrte Weg: Rund 1000 Plakate - 650 für die WBG und 450 für die Kreistagsfraktion Freie Wähler – haben sie nun aufgehängt. „Das kostet ein Heidengeld, allein die ganzen Kabelbinder“, stöhnt Müller. Aber er fürchtet, dass man mit den derzeitigen Abstands- und Hygienevorschriften nur schwer mit den Bürgern ins Gespräch kommen könne. „Mit Maske will doch niemand mit uns diskutieren.“
Den Piraten reichen verklausulierte Großbuchstaben
Inhaltlich sticht in diesem Jahr eine Partei heraus – die Piraten. Manche ihrer 200 Plakate besteht nur aus einer Buchstabenfolge. „WTTN.RNSTHFT“, steht dann dort. Erst wer googelt, findet die Kampagne von Piraten-Spitzenkandidat Stefan Borggraefe. „Die Leute sollen ein bisschen grübeln und neugierig werden“, verrät er. Mal gucken, welche Taktik aufgeht.