Sperrung Pferdebachstraße: Wittener genervt von Umleitungen
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Witten. Die momentanen Arbeiten am Bahnübergang Pferdebachstraße in Witten sind im Zeitplan. Doch Vollsperrung und Umleitungen strapazieren die Nerven.
Reges Treiben herrscht frühmorgens am gesperrten Bahnübergang Pferdebachstraße. Ein Bagger fährt mit Getöse über die Schienen, auf den Gleisen fliegen beim Schleifen die Funken. Die gute Nachricht: Es ist bereits der Feinschliff. „Wir sind perfekt in der Zeit“, sagt der zuständige Projektingenieur Pascal Ströver zufrieden. Für die Verbreiterung des Bahnübergangs von rund zehn auf 16 Meter seien die Arbeiten am Gleisbett unerlässlich gewesen. „Aber Freitagabend können die Züge hier wieder fahren.“
Ali Baba, der auf der anderen Seite der Gleise im Kiosk seiner Mutter steht, mag das kaum glauben. „Es kommt doch jeden Tag was anderes“, klagt der 33-Jährige kopfschüttelnd. Ihm macht die Baustelle schwer zu schaffen – und die Vollsperrung der Pferdebachstraße wegen der dreitägigen Arbeiten am Bahnübergang erst recht. „Bei uns ist jetzt total tote Hose – es kommen praktisch keine Kunden.“
Jogger und Fußgänger in Witten werden über die Gleise begleitet
Dabei geben sich die Bauarbeiter alle Mühe, dass es doch ein paar Menschen hin zum Kiosk schaffen. Gut gelaunt bringen sie Fußgänger und Radfahrer, die vor der Sperrung stranden, über die Schienen. Sie begleiten sogar Jogger vorsichtig über die Gleise – und geben ihnen einen fröhlichen Spruch mit auf den Weg: „Geht’s? Sonst nehmen wir Sie zur Not auch huckepack!“
Eine ältere Anliegerin aus der Marienburger Straße kann das alles nicht trösten. „Für die Anwohner hier ist das alles eine Katastrophe“, sagt die 72-Jährige. Wegen der Vollsperrung würden Autos und Laster jetzt Tag und Nacht durch die Umleitung brettern. „Für uns ist das schlimm, ganz schlimm.“
Sabine Krings-Völkel aus der Breslauer Straße stimmt in die Klage mit ein. „Seit dem frühen Mittwochmorgen donnern Lkw, Tanklastzüge und Autos durch das Wohngebiet an der Ziegelstraße“, sagt sie erbost – obwohl die Umleitung laut städtischer Ankündigung doch weiträumig über die Liegnitzer Straße, Wullener Feld und Dortmunder Straße erfolgen sollte. „Eine echte Zumutung für unser Wohngebiet!“ Eine Beschwerde bei der Stadt habe daran nichts geändert.
Taxifahrer in Witten kommen wegen der Umleitung ordentlich ins Schwitzen
Wenigstens am Donnerstagmorgen hält sich der Verkehr in Grenzen. Staus habe es nicht gegeben, bestätigt Ali Baba, der in seinem Kiosk den Überblick behält. „Erstens sind Ferien“, sagt er und winkt genervt ab. „Und die meisten wissen inzwischen, wie sie fahren müssen, um die Baustelle zu umgehen.“
Umbau der Pferdebachstraße in Witten
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Die, die das nicht können, kommen in diesen Tagen ordentlich ins Schwitzen. „Von 20 Fahrten, die wir machen, gehen mehr als die Hälfte zum EvK – da können Sie sich doch denken, wie es uns geht“, schimpft ein Taxifahrer, der vor dem Krankenhaus auf Kunden wartet. Er müsse große Umwege fahren, die Fahrten dauerten länger, die Fahrgäste seien sauer. „Als wir noch über den Sonnenschein ausweichen konnten, war ja alles halb so schlimm“, sagt der Fahrer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. „Aber jetzt: Katastrophe!“ Die Planung sei einfach schlecht gewesen. „Man hätte nicht alles gleichzeitig machen sollen.“
Eine EvK-Mitarbeiterin, die gerade zum Dienst geradelt kommt, sieht das gelassener. „Ich komme vom Annener Berg, das ist trotz der Straßenarbeiten machbar.“ Sie fände immer einen Weg zur Klinik. Problematisch seien nur die Autofahrer in der Baustelle. „Die sind so ungeduldig.“
Acht Radfahrer kassieren in der Baustelle ein Knöllchen
Sie hat es kaum ausgesprochen, da geht das große Hupen los. Ein Lastzug aus Bulgarien ist in der Baustelle Höhe Diakonissenstraße stehen geblieben. Der Fahrer traut der
Streckenführung
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Richtung Westfalenstraße offenbar nicht, will weiter geradeaus Richtung Boni. Ein Mercedesfahrer hinter ihm kriegt die Krise, kann dann aber in einer Lücke durchflutschen.
Unübersichtlich ist es hier an dieser Ecke mit der kurvigen, provisorischen Fahrbahn, dem abgetrennten Fußgängerweg, dem Durchfahrtsverbot. Die Polizei ist daher immer mal wieder vor Ort, um zu kontrollieren, ob trotzdem alles in geregelten Bahnen läuft (und fährt). Acht Fahrradfahrer haben so allein am Mittwoch ein Knöllchen kassiert, weil sie auf dem Fußgängerweg nicht abgestiegen sind oder Fahrverbote nicht beachtet haben. „Die Radler suchen sich ihren eigenen Weg, um durch die Baustelle zu kommen“, so Polizeisprecher Marco Bischoff. Das aber sei gefährlich: „Baustellen sind keine Spielplätze.“
Großbaustelle bleibt noch bis 2021
Nachdem die Baustelle im Sommer 2019 wegen Unstimmigkeiten zwischen Stadt und Baufirma bei der Befestigung des Untergrunds monatelang fast stillstand, sind inzwischen an verschiedenen Stellen auf der Baustelle deutliche Fortschritte zu erkennen.
Bis August sollen die Kanalbauarbeiten im Bereich Pferdebachstraße/Ardeystraße abgeschlossen und die Straßenarbeiten am Bahnübergang sein. Bis Ende 2021 soll Wittens größtes Straßenbauprojekt der letzten Jahrzehnte möglichst abgeschlossen werden.
Ein ältere Dame, die am frühen Donnerstagmorgen einen Termin im EvK hat, hat von dem ganzen Umleitungschaos nichts mitbekommen. „Seitdem an der Pferdebachstraße gearbeitet wird, parkt mein Mann immer an der Ardeystraße, wenn wir zur Klinik müssen“, sagt sie. Das letzte Stückchen könne man gut laufen. Mit Blick auf die Großbaustelle bleibt die Seniorin ganz gelassen. „Wissen Sie was: Die Leute vom Bau, die machen das schon!“
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