Witten. Eine historische Gartengrotte in einem Privatgarten hat die Fachwelt entzückt. Es gab noch weitere Grotten in Witten – etwa hinter einem Bordell.
Eine Gartengrotte aus Witten hat es in dieser Woche zu einiger Berühmtheit gebracht: Das Landesamt für Denkmalpflege hat ein wiederentdecktes Gebilde aus einem Privatgarten an der Ruhrstraße zum „Denkmal des Monats“ erklärt. Denn die vermutlich mit Schlackesteinen gemauerte und dem Ende des 19. Jahrhunderts zugeordnete Grotte sei einzigartig in Westfalen. Moment! Da reagierten einige unserer Leser sofort: In Witten gibt es doch noch weitere Grotten!
Grotte am Gut Zimmermann
Sehr gut kennt sich Karl-Wilhelm Noll in Gedern aus, denn der 75-Jährige ist dort aufgewachsen. Gleich mehrere Grotten befänden sich in der Gegend. Zu einen am Gederfeldweg, nahe dem landwirtschaftlichen Betrieb Kornkammer Haus Holte. Die ehemalige Stadtgärtnerei „Gut Zimmermann“ nennt Noll das Gebäude, das auf das Gut Obergedern zurückgeht. Bekannt ist, dass das ländliches Anwesen auch über eine kleine private Parkanlage verfügt. „Der Park ist heute verwildert, aber im Wald befindet sich noch die große Grotte, ebenfalls aus Schlackesteinen“ – unser Foto beweist es.
Ausflugslokal Grottenburg an der Wetterstraße
An mehrere Grotten kann sich Karl-Wilhelm Noll im Garten des ehemaligen Ausflugslokals „Grottenburg“, Wetterstraße 31–33, erinnern. Vielleicht wissen es noch die älteren Wittener: An der Wetterstraße/Ecke Kohlensiepen befand sich einst eine Tankstelle, im Gebäude links daneben das Lokal. „Früher haben die Lkw-Fahrer dort Halt gemacht“, erinnert sich Noll. „Unten wurde getankt und darüber Kaffee getrunken. Dazu konnte man sich in die Grotten setzen.“
Auf einer Postkarte aus dem Jahr 1900 kann man deutlich die gemauerten Höhlen sehen. „In den 1950er Jahren war das noch ein beliebtes Ausflugsziel“, erinnert sich Noll. Heute befindet sich an dieser Stelle ein Bordell. Und: Es gibt nur noch die Mauerreste der neun Grotten, die sicher noch anderes gesehen haben als den malerischen Ausblick auf die Ruhr.
Bergmolch-Heim im Schwesternpark
Auch im Schwesternpark an der Pferdebachstraße befindet sich etwas verwunschen und versteckt eine kleine Grotte. Im sogenannten Tiefental, kurz vor dem kleinen Teich, birgt sie sogar eine von drei Quellen, die den Teich speisen. In der Broschüre „Der Schwesternpark“, die die Stadt Witten im Jahr 1992 herausgegeben hat, heißt es dazu: „Die südliche Quelle ist zu einer Grotte aus Schlackensteinen ausgebaut und beherbergt auch heute noch einen Bergmolch. Diese Grotte lieferte im Krieg das notwendige Trinkwasser.“
Der Erbauer des Schwesternparks Rektor Adolf Schluckebier (1860 bis 1951) beschreibt ganz ausführlich in seinen Aufzeichnungen die kleine Grotte sogar als „Felsentor“: „Vor der Öffnung unten befindet sich ein Quellbecken, das etwas höher liegt als der anschließende Wassergraben (...), und dieses plätschert von einer Stufe aus dem Becken in den Graben und aus diesem heraus über mehrere Abstufungen in der Nordwestecke in einen Kanal.“ Umrandet wird die Öffnung von Steingewächsen und Stauden. Links neben ihr lädt noch heute eine Bank zum Verweilen und zum Hören des plätschernden Wassers ein.
Witten - Stadt der Grotten?
Uwe Siekmann, der Gartendenkmalexperte des LWL, kennt mehrere solcher Gestaltungselemente in Parkanlagen im Ruhrgebiet. „Aber diese halbrunden Steinsetzungen sind nicht zu vergleichen mit der Grotte in dem Privatgarten an der Ruhrstraße.“
Das Gut Zimmermann in Gedern
Der Gederfeldweg liegt im Ortsteil Gedern und ist nach dem Gut Obergedern benannt. Nach Heinrich Schoppmeiers Buch „Witten. Straßen, Wege, Plätze“ stellt das heutige „Gut“ Obergedern ursprünglich einen Hof dar, der als Volmarsteiner Lehnsgut 1351 zusammen mit anderen Höfen an Dietrich von Mallinckrodt übertragen wurde.
Der Hof trug den Namen Middeldorpshof, wurde dann nach seinem Besitzer Pampus genannt und war anders als die übrigen Gederner Höfe nicht nach Witten abgabepflichtig, sondern verblieb beim Hause Mallinckrodt. Über verschiedene Besitzer (Rüping, Reschop) gelangte der Hof 1950 schließlich an H. Zimmermann. Darum ist er heutigen Wittenern als „Gut Zimmermann“ bekannt.
Diese befindet sich im Garten der 1875 errichteten Villa von Gustav Lohmann und hat Uwe Siekmann nachhaltig beeindruckt. „Eine frei stehende Grotte in dieser Qualität und Größe habe ich bisher noch nie gesehen.“ Auf einem historischen Foto, das die Besitzerin ihm gezeigt habe, konnte man sehen, dass die ganze Familie Lohmann sich in der Grotte hat ablichten lassen. Meist finde man Grotten nur in religiösem und nicht in familiärem Zusammenhang. Bekannt sind zum Beispiel Marien- und die Lourdes-Grotten.
Wenn es in Witten weitere große Grotten gäbe, wäre dies wunderbar. Dafür spreche, dass es in Witten durch die Lohmannsche Eisenverhüttung Möglichkeiten gab, an deren Abfallprodukt, die Schlacke, zu gelangen. Schlackesteine ähneln sehr dem Tuffstein und damit auch den Grotten, die das Bürgertum von Reisen zum Beispiel nach Italien kannte. Und vielleicht wollte sich so mancher ein bisschen Süden ins Revier zaubern.