Witten. Eier von eigenen Hühnern liegen voll im Trend: Drei Familien aus Herbede haben die Corona-Zeit genutzt, einen Luxus-Stall für 26 Hennen zu bauen.

42 Jahre ist er alt, „und das ist mein erster richtiger Vatertag“. Der Herbeder Marco feiert diesen nicht mit Bier und Bollerwagen, sondern mit Mehlwürmern und Apfelstückchen in der Hand. Schließlich ist er erst seit zwei Wochen ein liebevoller Hühnervater. Drei Familien aus Herbede haben zusammengelegt und ein Wellnessparadies fürs Federvieh gezimmert. 26 junge Hennen haben dort einen Platz zum Scharren, einen Teich, einen Spielplatz zwischen Apfelbäumen. Ich wollt’, ich wär’ ein Huhn!

„Tina Turner“ legt den Kopf schief

Die Herbeder Haushühner sind natürlich nicht irgendwelche, nein, das ist Vieh mit Stil! Sie hören auf Namen, die das Äußere widerspiegeln. Da flattern Champagner und Diamant. „Tina Turner“, ein rotbraunes Seidenhuhn, kommt um die Ecke und legt den Kopf mit den hochstehenden Federn schief. Marco nimmt sie hoch und krault das seidenweiche Gefieder. Tina sei besonders zutraulich. Dann gibt es noch „Roberta Smith“, die träge guckt, so wie einst der Sänger von „The Cure“. Annie Lennox ist eine einzige weiße Wolke. Eine andere heißt „Renate Bergmann“.

Prominente Picker: Die Seidenhühner Roberta Smith (schwarz) und Annie Lennox stehen im Gras. Es gibt mehrere Hennen, die die Frisuren von Rockröhren traben und auch nach ihnen benannt sind.
Prominente Picker: Die Seidenhühner Roberta Smith (schwarz) und Annie Lennox stehen im Gras. Es gibt mehrere Hennen, die die Frisuren von Rockröhren traben und auch nach ihnen benannt sind. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch


Ihre ungewöhnliche Unterkunft haben sie der vielen Zeit zu verdanken, die der Corona-Lockdown mit sich brachte. Die drei Nachbarn Andreas, Marco und Dirk saßen eines Märzabends zusammen. Eigentlich beklagten sie sich nur, dass man nirgendwo die geschmacksintensiven Eier der Grünleger kaufen könne. Selbst Hühner halten, fünf pro Familie, das wären schön. Es wurden 26, weil es so ungewöhnliche Hühnerrassen gibt. „Wir haben uns einfach in die Tiere verliebt“, sagt Marco.

Überm Hühnerstall thront ein Wetterhahn

Nun tummeln sich gescheckte Königsberger in Herbede, weiße Sussex, schwarze Bovans und Marans, die schokobraune Eier legen. Dann die Grünleger, das federfüßige Zwerghuhn und fünf Seidenhühner mit ihren witzigen Frisuren. Der Züchter sei bei dieser Bestellung ganz aus dem Häuschen gewesen. Als er die Tiere brachte, packte er eine Blauleger-Henne obendrauf. Und das, wo Hühnerzüchter mächtig viel zu tun haben: In Corona-Zeiten entstünden in vielen Wittener Gärten Hühnerställe.

Tochter Lena (15) bemalt den Hühnerstall, den sich drei Herbeder Familien teilen.
Tochter Lena (15) bemalt den Hühnerstall, den sich drei Herbeder Familien teilen. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch


Die drei Herbeder Familien kauften ein gebrauchtes Hühnermobil und malten es an – mit blauem Himmel, grüner Wiese, Huhn und Fuchs darauf. Ingenieur Marco baute noch einige Tüfteleien - etwa eine zwei Meter lange Kotschublade. Oder eine Klappe, die sich automatisch bei Sonnenuntergang senkt. Drumherum wurden Zaunpfähle betoniert, Draht und obendrauf ein Netz gespannt. Über allem thront ein Wetterhahn. Und irgendwie kam eins zum anderen, meint Andreas. Der Teich, Steinblöcke zum Klettern. Einmal am Tag kippt Marco einen Sack Laub in den Stall. Begeistert stürzen sich die Hennen auf den Haufen und scharren los.

Männer entmisten nach Putzplan

Alle drei Hühnerväter wechseln sich nach einem Putzplan mit dem Ausmisten ab. Dafür werden sie pro Jahr mit etwa 3000 Eiern (so ihre Rechnung) belohnt. Und mit der Freude, die ihnen die Hühner bereiten. „Das Gegacker hat eine unheimlich beruhigende Wirkung“, sagt Andreas’ Ehefrau Iris. Anstatt fernzusehen, sitzen sie nun abends gern rund um den Hühnerstall und beobachten ihre glückliche Truppe.

Bitte nicht stören! Ein Sussex-Huhn legt gerade ein Ei, hinten schaut das nächste zum Fenster herein.
Bitte nicht stören! Ein Sussex-Huhn legt gerade ein Ei, hinten schaut das nächste zum Fenster herein. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch


Eines aber steht fest: Ein Hahn kommt den drei Hühnervätern niemals ins Haus. Marco erklärt: „Wir passen schon auf, dass die sich nicht gegenseitig hacken.“ Und Andreas weiß: „Männer bringen nur Unruhe in einen Harem.“